Flüchtlinge in KZ untergebracht: Weltoffen und tabulos
Flüchtlinge in einer ehemaligen KZ-Außenstelle: Trotz scharfer Kritik der Landesregierung bleibt die Stadt Schwerte bei ihrem Plan.
SCHWERTE taz | Die Ruhrgebietsstadt Schwerte hält an ihren umstrittenen Plänen fest, auf dem Gelände einer ehemaligen KZ-Außenstelle Flüchtlinge unterzubringen. Bürgermeister Heinrich Böckelühr (CDU) verwahrte sich gegen Kritik aus der nordrhein-westfälischen Landesregierung.
„Wir haben in Schwerte keinen Nachholbedarf an Erinnerungskultur“, sagte er am Freitag vor Journalisten. „Wir halten aus Überzeugung an der Entscheidung fest.“ Entscheidend sei die menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen, die in der Einrichtung gegeben sei.
Dass die Stadt 21 Flüchtlinge auf dem Gelände einer ehemaligen Außenstelle des KZ Buchenwald unterbringen möchte, hat zu einer Welle der Empörung gesorgt. Flüchtlingsinitiativen protestieren, auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Landesintegrationsminister Guntram Schneider (beide SPD) kritisieren das Vorhaben scharf. Kraft hat nach Gesprächen mit Vertretern jüdischer Gemeinden, die die Pläne nach ihren Angaben mit großer Sorge verfolgen, die Verantwortlichen in Schwerte aufgefordert, die Entscheidung zu überdenken.
„Wir brauchen keine Ratschläge von außen“, erwiderte Böckelühr. Man könne zwar nicht wegdiskutieren, dass das Gelände eine „wechselvolle Geschichte“ habe. Das ändere jedoch nichts: „70 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs müssen wir uns aber auch damit auseinandersetzen, dass nicht alle Flächen tabu sein können.“
Nur die Linkspartei dagegen
Außerdem versuchte Böckelühr Kritikern mit dem Hinweis den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass das für die Flüchtlinge vorgesehene Gebäude ja gar nicht aus der NS-Zeit stammt. Nach seinen Angaben seien im Westfälischen Denkmalamt Luftaufnahmen aus den 1950-er Jahren gefunden worden, auf denen das Gebäude nicht zu sehen wäre. Es müsste demnach später gebaut worden sein.
Der Bürgermeister verlas außerdem eine Erklärung aller im Rat vertretenen Parteien – mit Ausnahme der Linkspartei. Darin heißt es, die Stadt habe „in vorbildlicher Weise“ die „Geschichte der ehemaligen Außenstelle des Konzentrationslager Buchenwald“ aufgearbeitet.
Die Vorwürfe, Stadt und Verwaltung seien unsensibel und geschichtslos, entbehrten jedweder Grundlage. „Schwerte ist eine weltoffene Stadt, an der sich andere Kommunen in Sachen Integrationspolitik ein Beispiel nehmen“, heißt es. Flankiert wurde Böckelühr bei seinem Auftritt von Vertretern dieser Parteien, die allerdings selbst zu einer Stellungnahme nicht bereit waren.
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