Flüchtlinge in Berliner Hostel: Rauswurf ohne Vorwarnung

Wieder müssen drei Flüchtlinge die Unterkunft im Stadtteil Friedrichshain verlassen. Doch niemand hatte sie vorher informiert.

Bekannt wurde das Hostel in der Gürtelstraße durch den vor wenigen Tagen beendeten Protest auf dem Dach. Bild: dpa

Für Flüchtlinge in der Unterkunft Gürtelstraße gibt es jetzt gar keine Vorwarnzeit mehr. Am Mittwochmorgen mussten erneut drei Männer ihre Unterkunft in der Friedrichshainer Gürtelstraße verlassen – ohne dass sie darüber vorher informiert worden wären. Nach Augenzeugenberichten kamen Polizisten in die Zimmer und forderten die Betroffenen auf zu packen, sie müssten sofort ausziehen. Für Barbara Esche, Direktorin der Diakonie, die mit der Caritas die Beratung der Oranienplatz-Flüchtlinge übernommen hat, ist „dieser Umgang mit den Flüchtlingen ein Skandal“.

Der Heimleiter, Rüdiger Böhringer, gab gegenüber der taz zu, die Flüchtlinge bewusst im Unklaren gelassen zu haben. „Aus menschlichen Gründen hätte ich ihnen 24 Stunden vorher Bescheid geben müssen. Aber unser Dach ist so kaputt, das konnte ich nicht noch mal gebrauchen“, sagte er. Die Polizei will er aber nicht gerufen haben. Ein Polizeisprecher sagte dagegen, Böhringer habe die Polizei „informiert“, dass Leute ausziehen müssten – daher sei man vor Ort gewesen.

Am Dienstag hatten acht der zehn Männer, die 13 Tage auf dem Dach des ehemaligen Hostels in der Gürtelstraße ausgeharrt hatten, ihre Motive erklärt. Eines davon war die Tatsache, dass sie erst am Vortag vom Heimleiter über ihren Auszug am nächsten Tag informiert worden waren. Bislang hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) seine Leistungen – Unterkunft und Verpflegung – für 138 von über 560 Flüchtlingen der Oranienplatz-Bewegung eingestellt, weil die Ausländerbehörde ihre Anträge abgelehnt hat. Diesen Mittwoch kamen 15 weitere dazu, 3 in der Gürtelstraße, 12 in anderen Heimen. Die meisten nehmen die Auszugsforderung klaglos hin und verlassen die Heime. Offenbar kommen viele irgendwo in der Stadt bei Unterstützern und Freunden unter.

Allerdings informiert das Lageso die Flüchtlinge nicht persönlich, dass sie ausziehen müssen und kein Geld mehr bekommen. Das Amt delegiert dies an die Leiter der Unterkünfte. Laut der zuständigen Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales bekommen die Heimleiter jeweils am Freitag eine Mail mit den Namen derer, die in der kommenden Woche ausziehen müssen, und der Anweisung, die Betreffenden zu informieren. Böhringer erklärte, das dieses Mal nicht befolgt zu haben, weil er eine erneute Dachbesetzung oder „andere Aktionen“ im Haus befürchtete. Die Sprecherin der Senatsverwaltung wollte dies nicht kommentieren.

Unterdessen hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde eines Oranienplatz-Flüchtlings gegen seine Ablehnung durch die Ausländerbehörde abgelehnt. Der Mann hat laut Gericht einen humanitären Aufenthaltstitel in Italien und war als Asylbewerber in Deutschland nach Sachsen-Anhalt geschickt worden. Die Berliner Ausländerbehörde lehnte seinen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ab, weil Berlin für den Mann nicht zuständig sei, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts vom Montag. Außerdem habe er nicht persönlich vorgesprochen. Und: Aus dem Einigungspapier Oranienplatz könne er keine Rechte herleiten.

Das Gericht folgte dieser Argumentation: Als Asylbewerber in einem anderen Bundesland habe er in Berlin keine Ansprüche. Humanitäre Gründe lägen nicht vor, zumal die Asylverfahren in Italien „den Anforderungen des EU-Rechts“ genügten. Außerdem umfasse das Einigungspapier keinerlei Verpflichtung, Aufenthaltstitel zu erteilen.

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