piwik no script img

Flüchtlinge im Ex-Flughafen TempelhofAbflug aus den Hangars

Im Herbst sollen Flüchtlinge in das Tempohome auf dem Tempelhofer Feld ziehen – soweit der Plan. Bisher fehlt aber noch ein Betreiber für die Unterkunft.

Schick und wohnlich sieht anders aus: die Container für Flüchtlinge auf dem Tempelhofer Feld Foto: dpa

Es könnte bald wieder etwas in Bewegung geraten auf dem Tempelhofer Feld. Schon seit Monaten stehen dort Wohncontainer auf der Fläche zwischen Flughafengebäude und dem ehemaligen Flugfeld. Nun rückt der Umzug der laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) noch 250 in den Flughafenhangars lebenden Flüchtlingen in das sogenannte Tempohome näher. Ende Oktober, Anfang November solle das Containerdorf bezogen werden können, heißt es aus der Senatssozialverwaltung.

Die Bauherrin, die Berliner Immobilienmanagement GmbH BIM, hat den Standort bereits an das LAF übergeben. „Letzte Mängel werden gerade behoben“, erklärt die BIM auf taz-Anfrage. Diese Arbeiten führten jedoch nicht zu Verzögerungen.

Doch auch wenn die BetreiberInnen des im April 2016 eröffneten „THF-Cafés“ in den Hangars – ehrenamtliche FlüchtlingshelferInnen und teils ehemalige BewohnerInnen der Hangars – optimistisch bereits für den kommenden Samstag zur Abschiedsparty einladen: Zu Verzögerungen beim Leerzug der unwohnlichen Hallen könnte noch die offenbar schwierige Betreibersuche für das Tempo­home führen. Nachdem eine europaweite Ausschreibung zu keinem Ergebnis geführt hatte, sucht der Senat nun mithilfe eines Auswahlverfahrens, bei dem Betreiber gezielt zur Bewerbung aufgefordert werden.

Auch die Linke protestierte

Die Größe der Anlage, die Platz für 1.020 BewohnerInnen bietet, sowie die gesetzlich festgelegte Befristung hält die Senatsverwaltung für Soziales für den Grund für die schwierige Suche. Ende 2019 soll das Containerdorf bereits wieder schließen. Für seine Errichtung war im Februar eigens das Gesetz geändert worden, das die Bebauung des Tempelhofer Feldes verbietet.

Angesichts der hohen Errichtungskosten von geschätzt etwa 16 Millionen Euro hatte sich seinerzeit nicht nur die Initiative 100 Prozent Tempelhofer Feld über den „verschwenderischen Einsatz von Steuermitteln“ beschwert. Auch die Linke, die heute die zuständige Senatorin stellt, fragte damals, ob der Aufwand gerechtfertigt sei.

Laut dem LAF leben aktuell noch etwa 8.600 Geflüchtete in 33 Notunterkünften in Berlin.

Verabschieden will sich der Senat allerdings offenbar von Plänen, in den Hangars dauerhaft ein Erstaufnahmezentrum für Geflüchtete einzurichten, wo – wie derzeit praktiziert – die Anfangsversorgung und erste Übernachtungen für neu ankommende Flüchtlinge erfolgen. Man wolle das Flughafengebäude komplett seiner Bestimmung zuführen, Kultur­standort zu werden, so Regina Kneiding, Pressesprecherin der für Geflüchtete zuständigen Senatsverwaltung für Soziales. Für ein Erstaufnahmezentrum werde daher derzeit ein neuer Standort gesucht.

Laut dem LAF leben aktuell noch etwa 8.600 Geflüchtete in 33 Notunterkünften in Berlin. Wer davon noch in das Tempelhofer Tempohome verlegt werde, werde entschieden, wenn das konkrete Umzugsdatum feststehe, heißt es aus der Pressestelle des Amtes. Aktuell werden zwei Notunterkünfte in Reinickendorf freigezogen, deren BewohnerInnen mehrheitlich in eine Gemeinschaftsunterkunft in Pankow ziehen. Demnächst geplant sind laut LAF die Auflösungen weiterer Notunterkünfte in Spandau, Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf, darunter auch der im früheren Rathaus Wilmersdorf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Dass im Tempelhofer Hangar 2 "die Anfangsversorgung und erste Übernachtungen für neu ankommende Flüchtlinge erfolgen" ist eine nette Verharmlosung. Um Versorgung geht es nicht, hier wird das komplette Asylverfahren durchgezogen.

     

    Dass Berlins "linke" Sozialsenatorin die Menschen vor dem Asylinterview nicht in Ruhe nachts schlafen lässt und nicht menschenwürdig unterbringt, ist der Gipfel der Schäbigkeiten von r2g.

     

    Wer in Berlin Asyl beantragen möchte, muss während des auf 3 Tage komprimierten Asylverfahrens die Nächte im Asylabschreckungszentrum in Hangar 2 ohne jede Privatsphäre und ohne abschließbaren Schlafräume verbringen.

     

    Jeden Morgen um 7 werden die Menschen vom Vorfeld in die Bundesallee gebracht, wo das Asylverfahren innerhalb von drei Tagen durchgezogen wird, von der Durchsuchung und ED Behandlung über den Asylantrag und das alles entscheidende Asylinterview beim Asylbundesamt bis zum positiven oder negativen Asylbescheid, Ausländerbehördentermin und Rückkehrberatung. Dann läuft die 7 bzw 14 Tage Klagefrist.

     

    Nachdem im Juni 2017 die Volksbühne im Tempelhofer Hangar 5 eingezogen ist hat, hat die Sozialsenatorin das dortige Asylabschreckungszentrum nicht etwa geschlossen, sondern im Hangar 2 neu etabliert. Die dortige Unterkunft des Ankunftszentrums wird allein von der Berliner Sozialverwaltung verantwortet, das BAMF oder der Bund haben nichts damit zu tun.

    • @stadtlandmensch:

      Ihr Text ist an überzogenem Anspruchsdenken kaum zu überbieten. Wie sollen tausende Menschen ad hoc in eingerichteten Wohnungen untergebracht werden? Wissen Sie wie der Wohnungsmarkt in Berlin aussieht? Wissen Sie wie viel Geld bereits jetzt in die Flüchtlingsbetreuung geflossen ist?

      Wenn Ihnen das alles nicht passt, warum nehmen Sie nicht 10, 20 Leute bei sich zu hause auf?

      Unglaublich, wie naiv und irreal manche Leute sind.

      • @Nickname23:

        Nur mal zur Info:

        Es geht beim Ankunftshangar nur um 100 Plätze und nur darum, für 3 Tage eine anständige Unterkunft bereitzustellen. Bei insgesamt 30.000 Plätzen gar kein Problem.

         

        Vor wenigen Tagen erst konnte SenIAS wegen Kündigung der Gierso 700 Gemeinschaftsunterkunftspätze mit ganz regulären Standards ganz spontan belegen. Da hätte man den Abschreckungshangar gleich mit dicht machen können!

         

        @Nickname blabla: Ihr unqualifiziertes Gepöbel können Sie sich sparen. Wer Menschen dauerhaft in Lager tut, richtet sie dauerhaft zu Grunde.