Flucht übers Mittelmeer: Ertrunken, erschossen, interniert

Die Situation von Geflüchteten im Mittelmeer bleibt lebensgefährlich. Malta sperrt Neuankömmlinge mittlerweile wieder in Lager.

Die von der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye herausgegebene Aufnahme zeigt Seenotretter vom Rettungsschiff «Alan Kurdi» die zu einem Schlauchboot voller Flüchtlinge schauen.

Leisten Hilfe, wo die EU-Staaten sie verweigern: private SeenotretterInnen im Mittelmeer Foto: dpa

Im Mittelmeer hat sich die Lage von Fliehenden in den vergangenen Tagen verschärft. Rund ein Dutzend Boote sind seit Donnerstag vor der Küste Libyens in Seenot geraten. Das berichtet die private Initiative Alarm Phone, die von den Insassen der Boote mit Satellitentelefonen kontaktiert worden war.

Ein Teil der Unglücke ereignete sich demnach in der maltesischen Rettungszone. Maltas Armee habe jedoch in drei Fällen am Freitag trotz Notrufen und Kenntnis der genauen Koordinaten keine Hilfe geleistet, so das Alarm Phone.

Die privaten Seenotrettungsschiffe Sea-Watch 3 und Open Arms haben jeweils rund 120 Menschen an Bord genommen und kreuzten am Sonntag auf der Suche nach einem sicheren Hafen im zentralen Mittelmeer. Eine Anfrage sei an die Regierungen von Malta und Italien gerichtet worden, sagte eine Sprecherin von Sea-Watch.

Die Open Arms geriet in der Nacht zum Sonntag in ein Gewitter. „Wir haben eine sehr schwierige Nacht verbracht“, schrieb die Crew auf Twitter. Am Sonntagmorgen überflutete ein ­Ha­gelsturm das Deck der Sea-Watch 3, auf dem die Geretteten schlafen.

Malta sperrt Neuankömmlinge ein

Am Freitag und Samstag retteten zwei Schiffe der Marine von Malta 260 Menschen aus Seenot und brachten sie in den Hafen von Valletta. Es war die höchste Zahl von Ankünften auf der Insel seit über einem halben Jahr.

Das Gros von ihnen brachte die Polizei in die Internierungseinrichtungen Safi und Marsa. Malta hatte die Praxis der Internierung ankommender Flüchtlinge 2015 eingestellt, ist aber nach einem Anstieg der Ankünfte zuletzt wieder dazu übergegangen, Angekommene einzusperren.

Die beiden Lager sind mit derzeit über 1.500 Insassen total überfüllt. Manche werden nach Angaben des UNHCR seit über fünf Monaten dort festgehalten. Kahin Ismail, der UNHCR-Repräsentant auf Malta, hatte dies Anfang Januar als „illegal“ bezeichnet und die Regierung dringend aufgefordert, die Menschen nicht länger so unterzubringen.

Unterdessen protestierten auch die Flüchtlinge im kürzlich wiedereröffneten Lager Safi. Dabei brach am Dienstag ein Feuer aus. 42 der Internierten wurden deshalb in den vergangenen Tagen einem Gericht in Valletta vorgeführt und angeklagt.

Einfach erschossen

Die libysche Küstenwache hat derweil nach Angaben der UN-Migrationsorganisation IOM am Freitag und Samstag über 300 Menschen auf dem Meer aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht.

Am Samstagnachmittag weigerte sich dabei eine Gruppe von rund 60 Menschen, an Land zu gehen. Sie fürchteten, in Libyen wieder interniert zu werden. Daraufhin soll die libysche Armee einen Mann erschossen und die Leiche ins Wasser geworfen haben. Das berichteten zwei Flüchtlinge per Telefon am Samstagnachmittag Aktivisten des Alarm Phone. Die IOM, die die Ankünfte am Hafen von Tripolis beobachtet, erklärte auf Twitter, sie sei in dieser Zeit von den Sicherheitskräften aufgefordert worden, den Hafen zu verlassen.

Im östlichen Mittelmeer gab es zwei tödliche Unglücke. In der Nacht zum Sonntag sank ein Boot vor der Küste von Cesme, westlich von Izmir. Elf Menschen starben. Das Boot war auf dem Weg zur nur fünf Kilometer von der türkischen Küste entfernten griechischen Insel Chios.

Wenige Stunden zuvor war nahe der Insel Paxos an der griechischen Westküste ein weiteres Flüchtlingsboot auf dem Weg nach Italien gekentert. Die griechische Küstenwache barg zwölf Leichen. Einige der zwanzig geretteten Überlebenden berichteten, auf dem Boot hätten sich insgesamt fünfzig Flüchtlinge befunden. Dies war bereits das vierte Unglück in der Ägäis seit Jahresbeginn.

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