: Fixerräume endlich legalisiert
Gutachten der Justizbehörde: „Gesundheitsräume sind zulässig“. Ob die Staatsanwaltschaft mitspielt, ist aber weiter unklar ■ Von Silke Mertins
Überpünktlich erschien Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos) gestern vor der Presse, denn er hatte frohe Kunde mitgebracht. „Die Gesundheitsräume sind zulässig“, lautet das Ergebnis eines Gutachtens, das die Justizbehörde innerhalb von vier Wochen erstellt hat. Damit hat sich der Senat drei Jahre nach Einführung von Fixerräumen endlich durchgerungen, die dort Beschäftigten rechtlich abzusichern. Denn offiziell wird in Gesundheitsräumen nicht gedrückt. Grund: Es ist unter Juristen umstritten, ob damit „Gelegenheit zu unbefugtem Gebrauch“von Drogen gegeben wird.
Hoffmann-Riem kommt nach gründlichem Studium der gesetzlichen Grundlagen zu einem Ergebnis, das ihn selbst erstaunt hat. Dem Gesetzgeber sei nämlich ein „rechtstechnischer Fehler“unterlaufen. Danach ist nicht erklärt, was „unbefugter“Gebrauch ist. Und der Gebrauch an sich sei unstreitig nicht strafbar. Folglich könne auch „das Verschaffen einer Möglichkeit zum Konsum“unter hygienisch und sozial erträglicheren Bedingungen nicht strafbar sein. Das gelte allerdings für Fixerräume mit Betreuung.
Als „Weisung an die Staatsanwaltschaft“will Hoffmann-Riem sein Gutachten nicht verstanden wissen. Er sei aber „optimistisch“, daß die Ankläger sich ihm anschließen. „Wir haben das Gutachten in seiner Endfassung noch gar nicht gesehen“, hält Oberstaatsanwalt Karl Martin Köhnke sich zurück. Ob alle Staatsanwälte mitziehen, ist weiter fraglich.
Generalstaatsanwalt Arno Weinert befürwortet Fixerstuben politisch, hält die rechtlichen Grundlagen aber für uneindeutig. Auf Weinerts Aufforderung, und nicht aufgrund des wahlkämpferischen und bürgermeisterlichen Drucks hin, habe man das Rechtsgutachten erstellt, so Hoffmann-Riem.
Laut Gutachten machen sich auch Polizisten, die Süchtige auffordern, einen Gesundheitsraum aufzusuchen, nicht strafbar. Umsetzen könne die Polizei die Ergebnisse allerdings erst, so Hartmuth Wrocklage (SPD), wenn die Staatsanwaltschaft mitzieht.
Mit Erleichterung nimmt „freiraum“, Träger der Fixerräume, das Gutachten auf. Den MitarbeiterInnen der Gesundheitsräume sei nun ein „Teil des Drucks“genommen. „Besser spät als nie“, ringt sich die GAL ein Lob ab. Allerdings müßten weitere Druckräume her.
Das hat Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel bereits angekündigt. Der Drogenbeauftragte Horst Bossong, plant, in bestehenden Einrichtungen Fixerräume einzurichten. Freuen will er sich erst, wenn die Staatsanwaltschaft „sich dieser Auffassung anschließt“. Gewünscht hätte er sich zudem, daß man „früher zu einer Rechtsklärung gekommen wäre“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen