piwik no script img

Fischer war ehrlich

Staatsanwaltschaft Frankfurt stellt Ermittlungsverfahren gegen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) ein

BERLIN afp/dpa/taz ■ Das Ermittlungsverfahren gegen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wegen uneidlicher Falschaussage ist gestern von der Frankfurter Staatsanwaltschaft für beendet erklärt worden. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass Fischers Zeugenaussagen im Opec-Prozess nicht falsch gewesen seien, teilte die Behörde am Montag in Frankfurt mit.

Stein des Anstoßes waren angebliche Widersprüche zwischen Fischers Aussage vor den Richtern und Details aus der Autobiografie von Margrit Schiller, einer Ex-RAF-Terroristin, die mittlerweile in Uruguay lebt. Schiller hatte geschrieben, sie habe sich 1973 mehrere Tage in der Wohngemeinschaft von Fischer aufgehalten, habe mit ihm gefrühstückt und sei mit dem grünen Europa-Abgeordneten Cohn-Bendit „durch die Kneipen gezogen“. Minister Fischer hatte hingegen als Zeuge im Frankfurter Opec-Prozess über Margrit Schiller ausgesagt: „Mit der habe ich nie zusammengewohnt.“

Fischer wurde im Mordprozess gegen Hans-Joachim Klein vernommen, weil er Klein Anfang der 70er-Jahre in der linken „Sponti“-Szene Frankfurts kennengelernt hatte. Als Reaktion auf Fischers Aussage vor den Frankfurter Richtern am 16. Februar waren bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt mehrere Strafanzeigen gegen den Außenminister eingegangen. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am 19. Februar 2001 ein Verfahren gegen Joschka Fischer eingeleitet. Nach Bekanntgabe des Ermittlungsvefahrens hatten auch Union und FDP einen Untersuchungsausschuss zur Vergangenheit von Minister Fischer in Erwägung gezogen.

Schon während des Opec-Prozesses hatte die Zeugin Barbara Köster den Außenminister entlastet, als sie in der taz erklärte, dass Margrit Schiller damals nicht bei Fischer, sondern bei ihr in der Nachbarwohnung geschlafen habe. Schiller war im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht vernommen worden, teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Rainer Schilling, mit. Über einen Bevollmächtigten hatte Schiller laut Staatsanwaltschaft ihre Aussagen jedoch relativiert, indem sie erklärte, „an die damals vorgefundenen Wohnverhältnisse keine konkreten Erinnerungen mehr zu haben“. Fischer hatte durch seinen Verteidiger verlauten lassen, dass Schiller 1973 für eine gewisse Zeit im selben Haus gewohnt hatte wie er, aber nicht in seiner Wohngemeinschaft. Das bestätigten ehemalige Mitglieder der Wohngemeinschaft, so die Staatsanwaltschaft. AHO

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen