Firefox-Betriebsystem für Handys: „Engineered in Spain“
Mozilla drängt mit einem eigenen Betriebssystem in den Markt für mobile Endgeräte. Der wichtigste Partner heißt Geeksphone und sitzt in Spanien.
MADRID taz | Mozilla möchte den Smartphonemarkt aufmischen. Als Unternehmen, das das neue Betriebsystem Firefox OS erstmals aufs Handy bringt, hat sich die Stiftung in Zusammenarbeit mit der spanischen Telefónica ein kleines Madrider Unternehmen ausgesucht. Geeksphone heißt das Handy-Unternehmen.
Die beiden ersten Developper-Preview-Modelle – Keon und Peak – waren innerhalb von Stunden ausverkauft. Mit dem verbesserten Peak+ legt Geeksphone dieser Tage nach. Das Modell richtet sich erstmals an den Endverbraucher. Die Nachfrage nach Keon und Peak ist international. Nur sieben Prozent gingen bisher nach Spanien, aber zehn Prozent gingen nach Japan und acht Prozent nach Deutschland
In die „Zehntausende“ gehe die Produktion mittlerweile. Genauere Zahlen will Geeksphone-Gründer Javier Agüera Reneses nicht preisgeben. Der 21-jährige hat gerade einmal Abitur. Sein Studium zum Telekommunikationsingenieur an einer namhaften Privatuniversität in Madrid, hat er noch nicht abgeschlossen. Zu viel Zeit nimmt Geeksphone in Anspruch.
„Alles begann 2009, mit absolut null Kapital“, erzählt er. „Die Idee war einfach. Der Besitzer eines Handys, ist anders als bei sonstigen Produkten, nie Kunde beim Hersteller. Er ist Nutzer. Kunde ist er bei einem Telekommunikationsunternehmen. Das wollten wir ändern.“
Weniger als 200 Euro
Eine Community mit Forum, Betreuung, Service, eine Werkstatt für Reparaturen, alles was zu einer Marke dazugehört, sollte Geeksphone haben. Und – darum der Name – das Telefon sollte frei sein und für die Software für Bastler offen. „D.h. egal was Du installierst, wirst Du weiterhin Garantie haben“, berichtet Agüera. Die ersten beiden Modelle liefen mit Android. Das Geeksphone One war das erste europäische Handy mit dem damals völlig neuen Betriebssystem und das Zero das erste Android-Handy weltweit für weniger als 200 Euro.
Auch wenn es schwerfällt, sich den jungen Agüera vorzustellen, wie er mit großen chinesischen Fabrikanten verhandelt, er hat wohl tatsächlich ein Gespür fürs Geschäft. „Wir hatten ja was zu bieten. Mit Android waren wir ganz am Anfang mit dabei, das interessierte damals Foxconn. Mit den Firefox-Modellen gingen wir zum Fabrikanten, der auch für Motorola arbeitet und wir hatten wieder Erfolg. Auch sie waren an der neuen Technik interessiert“, sagt Agüera.
Das Angebot von Mozilla und Telefónica kam für Agüera im richtigen Augenblick. „Wir waren mit Android nicht so recht zufrieden. Es ist bei weitem nicht so offen, wie wir am Anfang glaubten. Google kontrolliert sehr stark“, sagt er. Zwar sei auch Ubuntu-Linux ein System, das Offenheit für Programmierer und versierte Anwender verspreche, doch Firefox OS habe bessere Chancen erfolgreich zu sein.
„Es genießt die Unterstützung von Telefónica und 17 weiteren Telcos. Die Industrie, allen voran Qualcomm, unterstützt die Plattform und dann ist da natürlich die Community der Entwickler rund um Mozilla“, sagt Agüera, der mittlerweile 20 Mitarbeiter hat.
20.000 User in der Geeksphone-Community
„Engineered in Spain“, heißt es neben dem heute in fast allen Elektronikartikeln üblichen „Made in P.R.C.“ unter dem Akku der Handys. Die Feineinstellung des Firefox OS, Treiber, Senkung des Stromverbrauchs all das wurde tatsächlich in Madrid vorgenommen. „Dank unserer eigenen Entwicklungen holen wir wesentlich mehr Leistung aus den Geräten als die Konkurrenz“, sagt Agüera.
Die anderen Firefoxhandys, die nach und nach auf den Markt kommen, seien dem Keon und dem Peak weit unterlegen. „Es sind absolute Lowcost-Terminals“, urteilt Agüera. „Die Entwickler stammen alle aus unserem Forum“, fügt er hinzu. 20.000 User zählt die Geeksphone-Community mittlerweile.
Agüera schaut zuversichtlich in die Zukunft: „Ich bin mir sicher, dass wir einen Marktanteil haben werden, der groß genug ist, um das Unternehmen weiter auszubauen.“ Neben Madrid und dem kleinen Büro in China soll bald schon eine Niederlassung im Silicon Valley in Kalifornien folgen. Die will Agüera selbst betreuen und dann auch endlich sein Studium in Santa Clara beenden.
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