Finanzpolitik der Großen Koalition: Koalition blockiert sich
In der Haushaltsdebatte des Bundestages zur Steuerpolitik haben sich Union und SPD gegenseitig scharf kritisiert. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist hart umkämpft.
BERLIN afp | Gegensätze zwischen Union und SPD in der Steuerpolitik sind am Dienstag in der Haushaltsdebatte des Bundestages offen zutage getreten. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte das Ziel eines Abbaus der sogenannten kalten Progression bei der Einkommensteuer. Zugleich erteilte er einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes eine strikte Absage, weil dies auch Unternehmen belasten und „unseren Wirtschaftsstandort massiv gefährden“ würde.
Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider erklärte sich dagegen zwar grundsätzlich ebenfalls zu einem Abbau der kalten Progression bereit, stellte aber klar: „Wir machen das nicht auf Pump.“ Schneider wies darauf hin, dass Unternehmen nach den SPD-Plänen von einem höheren Spitzensteuersatz nicht betroffen wären. Eine Gegenfinanzierung von Steuersenkungen heiße aber auch, „dass man sich über den Abbau von Subventionen unterhält“. Hier gebe es „eine totale Blockade von ihrer Seite“, warf Schneider Schäuble vor.
Eine stärkere Belastung großer Einkommen und Vermögen forderte Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch. Er wies darauf hin, auch seine Partei wolle keine generellen Steuererhöhungen, sondern rund 90 Prozent der Menschen entlasten. „Aber die zehn Prozent der Vermögenden, die müssen stärker belastet werden“, verlangte Bartsch. „Die Schere zwischen arm und reich wird immer größer“, kritisierte er weiter.
Mehr Steuergerechtigkeit forderte auch der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. Er warf Schäuble zudem einen „Griff in die Sozialkassen“ wegen der Kürzung des Zuschusses für die Krankenkassen und der Beitragsfinanzierung des Rentenpakets der Koalition vor.
Bei der kalten Progression geht es um den Effekt, dass bei Lohnerhöhungen ein höherer Steuersatz greift, wodurch in Verbindung mit der Inflation der Gehaltszuwachs ganz oder teilweise aufgezehrt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“