Finanzkrise und Film: Traumfabrik meldet Kurzarbeit an
Im Filmstudio Potsdam Babelsberg schlägt die internationale Bankenpleite zu. Ab September gehen Mitarbeiter für ein halbes Jahr in Kurzarbeit. Erster Hoffnungsschimmer für Herbst.
Kommende Woche läuft Tarantinos Film "Inglourious Basterds" in Deutschland an - eine Produktion, die zum Großteil in den Studios Babelsberg realisiert wurde. Gute Zeiten waren das für den deutschen Filmstandort.
Jetzt aber hat die Studio Babelsberg AG für seine Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. Genaue Zahlen will Eike Wolf, Unternehmenssprecher der Studio Babelsberg AG nicht nennen. "Insgesamt hat das Studio 85 Festangestellte, von denen nur ein kleiner Teil aus den Bereichen Handwerk und Verwaltung betroffen ist", versucht er zu die Situation zu entschärfen. Die Gewerkschaft für Medienschaffende Connex hingegen spricht von 80 und somit fast allen Mitarbeitern, die ab September für ein halbes Jahr in Kurzarbeit gingen. Zuvor hatte der Vorstandsvorsitzende Carl L. Woebcken verkündet, dass eine länger andauernde Flaute den Untergang des Studios bedeuten würde. Wolf: "Die Anmeldung zur Kurzarbeit ist eine Reaktion auf die Auslastungschwankungen."
Das letzte Jahr konnte das Studio nach Steuern einen Gewinn von mehr als drei Millionen Euro verbuchen. Anfang des Jahres versprach man sich gute Aussichten für 2009. Prognosen für dieses Jahr mag inzwischen niemand mehr wagen.
Die Medienboard Berlin Brandenburg GmbH zur Filmförderung hingegen berichtet von einer Rekordeinreichung von 107 Anträgen in der dritten Förderrunde 2009. "Damit wurde im Juli die höchste Zahl von Anträgen gestellt", berichtet Pressesprecherin Mareike Jung. Das Medienboard hat 7,5 Millionen Euro Fördermittel an 53 Projekte vergeben. "Deutsche Produktionen florieren derzeit, da ist von der Krise nicht viel zu spüren", so Jung. Setzt Babelsberg also auf das falsche Pferd?
Wolf verneint. In Babelsberg werden auch inländische Produktionen realisiert. "Wir drehen derzeit zum Beispiel die Hexe Lilly II. Deutsche Filme hantieren aber mit einem kleinerem Budget." Lange Dreharbeiten im Studio seien somit schwer finanzierbar. "Das Studio ist auf große Produktionen ausgelegt. Aber die internationale Finanzkrise legt viele ausländische Großprojekte auf Eis", so Wolf. Die US-Produktionen werden von Banken finanziert - und die seien derzeit kaum risikobereit. Laut Wolf kommt erschwerend hinzu, dass Hedgefonds, die Filmproduktionen sichern sollten, teilweise nicht mehr existieren.
Als Magnet für den Filmstandort Deutschland gilt der Deutsche Filmförderfonds der Bundesregierung, der seit seiner Einführung 2007, jährlich 60 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Aus diesem Fonds wurden Projekte wie "Der Vorleser", Tarantinos Basterds oder der Staufenbergfilm "Operation Walküre" koproduziert - allesamt auch in Babelsberg verwirklicht. Wolf meint aber: "Der Filmfonds ist für internationale Produktionen auch nur ein Zusatz ."
Der Sprecher der Babelsberger Studios ist trotzdem zuversichtlich: "Drei Monate, dann sieht die Lage im Studio Babelsberg auch wieder anders aus". Im Herbst kommt mit "Unknown White Male" eine große US-Produktion nach Potsdam. Tobias Singer
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