Finanzhofurteil zu Ausbildungskosten: Schäuble will Gesetzesänderung
Die CDU stand der Absetzbarkeit von Studiengebühren wohlwollend gegenüber. Der Finanzminister aber will das BFH-Urteil per Gesetz aushebeln.
FREIBURG taz | Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur steuerlichen Absetzbarkeit von Ausbildungskosten wird möglicherweise keinen Bestand haben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte zur Welt am Sonntag: "Ich bin für eine Gesetzesänderung." Zuvor hatten sich Politiker aus den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP eher wohlwollend über das BFH-Urteil geäußert.
Am Mittwoch hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Kosten eines Erststudiums oder einer sonstigen teuren Ausbildung künftig steuerlich absetzbar sein sollen - auch noch Jahre später, wenn das erste Gehalt zu versteuern ist. Konkret geht es um Studiengebühren, Bücher, Fahrkosten zur Uni, in der Regel aber nicht um die Miete für die Studentenbude.
Die Urteile des Bundesfinanzhofs sind letztinstanzlich und damit rechtskräftig. Bindungswirkung haben sie aber erst einmal nur im konkreten Fall. Die Steuerverwaltung muss BFH-Urteile erst beachten, wenn sie im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden. Ob und wann dies geschieht, entscheiden die Finanzministerien von Bund und Ländern gemeinsam.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten für das weitere Vorgehen. So könnte die Politik - erstens - die BFH-Grundsatzentscheidung einfach akzeptieren und den Finanzgerichten die weitere Ausgestaltung überlassen. Die Finanzministerien könnten - zweitens - auch zum Schluss kommen, dass der BFH das geltende Recht falsch angewandt hat. Dann würden sie einen Nichtanwendungs-Erlass veröffentlichen, auf dass bei neuen Klagen ein anderer BFH-Senat zu anderen Ergebnissen kommt. Diesen Weg will Schäuble wohl aber vermeiden.
Schäuble plädiert jedoch für die dritte Möglichkeit: dass der Bundestag als Gesetzgeber aktiv wird. Auch dann gibt es verschiedene Optionen. So könnte der Bundestag nur die Grundsätze des BFH-Urteils ausgestalten, um möglichst schnell Rechtssicherheit zu schaffen. Das Parlament könnte die BFH-Grundsätze aber auch modifizieren. So könnte er den Ausbildungs-Pauschalbetrag einführen. Schließlich könnte der Bundestag das BFH-Urteil durch eine Neuregelung auch ganz aushebeln. Dazu neigt offenbar Schäuble. "Als ich Steuerrecht gelernt hab, war klar, dass die Erstausbildung nicht als Werbungskosten oder Sonderausgabe anerkannt wird", sagte er.
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