Finanzen & Transparent: Ein Fest für Sponsoren
Erstmals ist öffentlich, welche Firmen wie viel Geld für das Hoffest geben. 19.000 Euro zahlt eine Spielbank - für die die Koalition gerade erst die Abgaben gesenkt hat
Wenn der Regierende Bürgermeister am nächsten Dienstag zum Hoffest ins Rote Rathaus lädt, kommt das Geld für die Feier zu etwa einem Fünftel von landeseigenen Unternehmen. Die Stadtreinigung BSR, die BVG, die Investitionsbank und die städtischen Wohnungsbaugesellschaften Degewo und Gewobag zahlen zusammen mit anderen ganz oder teilweise landeseigenen Unternehmen rund 100.000 Euro. Das ergibt sich aus den Sponsoring-Daten, die in diesem Jahr erstmals veröffentlicht wurden. Klaus Wowereit (SPD) hatte bisher stets betont, für das Hoffest gebe es kein Geld aus dem Landeshaushalt. Diese Aussage lässt sich nicht länger halten. Denn das Geld, das über die landeseigenen Unternehmen in das Hoffest fließt, kommt indirekt sehr wohl aus dem Landeshaushalt: Dorthin führen die Landesunternehmen ihre Gewinne ab und von dort werden ihre Verluste gedeckt. Weitere Fragen rund um die Finanzierung des Festes im Roten Rathauses sind allerdings nach wie vor ungeklärt.
Seit dem Jahr 1999 lädt der Regierende Bürgermeister einmal im Jahr tausende ausgewählte Gäste in die Innenhöfe des Roten Rathauses. Es handelt sich um "eines der prominentesten exklusiven Feste in der Bundeshauptstadt", heißt es in den Unterlagen, in denen um Sponsoren für das Fest geworben wird. Und: "Eine Präsenz beim Berliner Hoffest ermöglicht Unternehmen die direkte Ansprache von Entscheidungsträgern aus gesellschaftlich relevanten Bereichen und garantiert ihnen insbesondere durch das hohe Medienecho eine erhöhte Aufmerksamkeit."
Großsponsoren: Das größte Sponsoringpaket, das laut Katalog 19.040 Euro kostet, haben jeweils die BSR, die Berliner Flughäfen, Bombardier, Wall und Berlin Pavillion eingekauft.
Sparsponsoren: Das zweitgrößte Paket mit einem Listenpreis von 10.115 Euro kauften unter anderem Airberlin, Bayer, RWE, Veolia, der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, die Telekom, die AOK, die BVG, die Berliner Bank, die Volksbank, die Gasag, die Investitionsbank Berlin, die Pharmakonzerne Pfizer und Sanofi Aventis, die Deutsche Klassenlotterie Berlin, die Wohnungsbaugesellschaften Stadt und Land sowie Degewo. Tatsächlich zahlten einige der Sponsoren mehr oder weniger Geld als den Listenpreis - welche, möchte Berlin Partner nicht sagen. HEI
Die bisherige Geheimhaltung, wie viel Geld von welchem Sponsor kam, war auch aus einem anderen Grund in die Kritik geraten: Es konnte nicht überprüft werden, ob Unternehmen sich durch eine hohe Zahlung eventuell die Gunst des Senats bei politischen Entscheidungen erkauft haben. Der leitende Oberstaatsanwalt Hans Jürgen Fätkinhäuer hatte im taz-Interview dazu gesagt: "Wer bestechen will, scheut in der Regel die Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser. Was nicht in so einem Bericht auftaucht, hat einen Beigeschmack."
Die Zahlen zeigen, dass zu den Sponsoren etwa die Spielbank am Potsdamer Platz gehört: Sie zahlt rund 10.000 Euro für das Hoffest. Erst im Februar dieses Jahres hatte das Abgeordnetenhaus die Spielbankabgabe auf Vorschlag des rot-roten Senats deutlich gesenkt. Zu den größten Hoffest-Sponsoren gehört auch Bombardier. Das Unternehmen hatte in der Vergangenheit von einem öffentlichen Großauftrag zur Beschaffung von Straßenbahnwagen für die BVG profitiert - jetzt zahlt es rund 19.000 Euro für das Fest.
Die Transparenz rund um die Hoffest-Finanzen bleibt aber nach wie vor begrenzt. Veröffentlicht wird nur, welches der sieben Sponsoring-Pakete ein Unternehmen gekauft hat, sowie den Standard-Preis für das Paket. Tatsächlich zahlen einige Sponsoren aber etwas weniger, einer auch deutlich mehr. Welche Unternehmen das sind und wie viel Euro die Sponsoren genau zahlen, bleibt weiter unter Verschluss. Unklar ist auch, wie viel Gewinn oder Verlust die Feier abwirft. Dafür sorgt eine geschickte Konstruktion: Der Senat wirbt die Sponsorengelder für das Hoffest nicht selbst ein, sondern beauftragt damit die Berlin Partner GmbH. Das Unternehmen gibt das Geld für die Organisation des Festes aus. Und Berlin Partner will die Transparenzregeln, die für die Verwaltung gelten, für sich nicht gelten lassen.
Bei Berlin Partner handelt es sich um eine Chimäre: Es ist einerseits faktisch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes und somit im öffentlichen Auftrag unterwegs. Die öffentliche Hand ist auch rund zur Hälfte im Aufsichtsrat vertreten. Andererseits tritt Berlin Partner wie ein Privatunternehmen auf und hat so zum Beispiel die Rechtsform einer GmbH. Die Einnahmen von Berlin Partner kommen etwa zur Hälfte vom Land und zur Hälfte von Privaten.
Für den öffentlichen Charakter von Berlin Partner spricht, dass man dort größere Einkäufe europaweit ausschreibt - wie bei einer Behörde. Aufträge des Senats erhält Berlin Partner dagegen ohne vorherigen Wettbewerb per Direktvergabe - als ob es sich um eine nachgeordnete Dienststelle handeln würde.
Wenn es um die Hoffest-Finanzen geht, mauert Berlin Partner dagegen - wie es nur ein Privatunternehmen darf. Berlin Partner sei "als externe Dienstleisterin mit der Vorbereitung" des Festes beauftragt, man "beschränkte sich hierbei auf die technische Organisation". Da die Sponsorengelder nicht an den Senat weiterfließen, "spielte sich auch die Einwerbung dieser Gelder ausschließlich im privatrechtlichen Bereich ab". Eine Verpflichtung, Journalisten zu der finanziellen Hoffest-Bilanz umfassend Auskunft zu geben, lehnt Berlin Partner daher ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn