Finalserie Deutsche Basketballmeisterschaft: Im Abseits an Format gewonnen
Der deutsche Spielmacher Per Günther ragt in den Play-offs beim Ulmer Überraschungsteam heraus. Im Finale gegen den Favoriten Bamberg soll der ganz große Coup gelingen.
BERLIN taz | Wenn am Sonntag die Finalserie um die deutsche Basketball-meisterschaft zwischen Brose Baskets Bamberg und ratiopharm Ulm startet, steht eines bereits fest: Die Schwaben haben eine „magische Saison“ gespielt, wie es John Patrick, Coach des Halbfinalgegners aus Würzburg, treffend formulierte.
Das Überraschungsteam der Liga hat seinen zweiten Platz in der Hauptrunde mit bislang perfekten Play-offs gekrönt. Zwei Mal gelang ihnen ein „Sweep“, wurden also die Gegner mit 3:0-Siegen nach Hause geschickt. Einen erheblichen Anteil an den perfekten Serien gegen Braunschweig und Würzburg hatte Ulms Point Guard Per Günther.
Der 24-Jährige gebürtige Hagener, der seit 2008 für die Ulmer aufläuft, ist in der Form seines Lebens. Mit Geschick und unbändiger Energie lenkt er das Spiel seines Teams. In den Play-offs erzielte er durchschnittlich 16 Punkte pro Partie, fast doppelt so viele wie in der Hauptrunde.
Völlig begeistert von ihm zeigte sich sein Head Coach Thorsten Leibenath nach dem Einzug ins Finale: „Ich will Pers Leistung hervorheben. Er ist ohne Zweifel unser Spieler der Play-offs, wenn nicht der Play-offs überhaupt.“ Das ist vor allem deshalb beachtlich, weil eine solche Wertschätzung schon lange keinem deutschen Spieler mehr in der entscheidenden Saisonphase zuteilwurde.
Fantastischer Ballgewinn in der Schlussminute
Besonders im Halbfinale gegen die favorisierten Würzburger trumpfte Günther groß auf. Im Spiel eins gelang ihm in der Schlussminute ein fantastischer Ballgewinn, der einen Schnellangriff einleitet, den Günther selbst zum vorentscheidenden 71:65 abschließt.
In Spiel zwei in Würzburg springt er für den verletzten Isaiah Swann in die Bresche und führt sein Team mit 25 Punkten quasi im Alleingang zum Sieg, behält in der hektischen Schlussphase an der Freiwurflinie die Nerven. In Spiel drei ist Günther Mittelpunkt eines kleinen Dramas. Bereits nach fünf Minuten muss er nach einem rüden Einsteigen von Chris Kramer verletzt das Feld verlassen.
Er wird behandelt, verfolgt das Spiel von der Außenlinie. Doch in der Schlussphase des eng umkämpften Matches kehrt der angeschlagene Point Guard zurück und übernimmt die Verantwortung. Mit einem Dreipunktewurf erobert er sechs Minuten vor Ultimo die Führung zurück und sorgt kurz darauf mit einem weiteren Dreier für die Vorentscheidung.
Der nur 1,84 große Spielmacher durchlief die vergangenen Jahre ein rasante Entwicklung. 2008 als „Youngster des Jahres“ in der zweiten Liga ausgezeichnet, war er 2009 bereits „Rookie des Jahres“ in der Basketball-Bundesliga. Im All-Star-Team des Südens wird Günther dieses Jahr wohl zum dritten Mal in Folge stehen. Bei der WM 2010 in der Türkei sammelte er erste Erfahrungen in der Nationalmannschaft.
Rückschlag im Nationalteam
Doch war es auch das Nationalteam, das ihm seinen größten Rückschlag versetzte. Vor der EM 2011 in Litauen wurde er vom damaligen Bundestrainer Dirk Bauermann ausgebootet. Nicht wenige befürchteten, die Karriere des talentierten Nachwuchsspielers könnte ins Stocken geraten. Auch galt Ulm nicht als die erste Adresse im deutschen Basketball, um internationales Format zu entwickeln.
Genau das scheint sich mittlerweile jedoch zu verändern. Mit einer kontinuierlichen Entwicklung hat man in Ulm den Anschluss an die nationale Spitze geschafft. Die gestiegenen Ambitionen unterstreichen die neue Halle für 6.000 Fans, die zu Beginn der Saison bezogen wurde, und ein deutlich erhöhter Etat.
Dass Günther an das Potenzial der Mannschaft glaubt, zeigt seine erneute Vertragsverlängerung um zwei weitere Jahre. Seine Entscheidung beflügelt hat sicherlich die Popularität, die er in und um Ulm mittlerweile genießt. Er ist Sympathieträger und Aushängeschild des Vereins und ist in Ulm durch Werbekampagnen omnipräsent.
Ulms große Stärke
Doch der Lockenkopf allein wird nicht reichen, um im Finale gegen Bamberg, das dominierende Team der letzten Jahre, zu bestehen. Ulm muss an die Leistung im Pokalhalbfinale anknüpfen, als man sich Bamberg erst in der Verlängerung eines packenden und hochklassigen Spieles geschlagen geben musste, und darauf hoffen, diesmal auch das Glück auf seiner Seite zu haben.
Setzen muss man trotz des Play-off-Helden Günther auf die mannschaftliche Geschlossenheit. Denn die ist Ulms große Stärke. Oder wie Günther es formuliert: „An der Teamchemie braucht man nicht mehr arbeiten.“
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