piwik no script img

Finale der Rugby-WMAlte Rivalen

Mit etlichen Spielern jenseits der 30 Jahre gehen Neuseeland und Südafrika ins Endspiel. Es wird der letzte Auftritt einer großen Spielergeneration.

Schier unverwüstlicher Hau­degen: Sam Whitelock im Gruppenspiel gegen Frank­reich Foto: ap

Südafrika gegen Neuseeland. Die knallharten Springboks gegen die legendären All Blacks. Der „Clash of Styles“ – resultat­orientiertes, physisches Rugby gegen das unterhaltsame und dynamische Spiel. Dreifache Weltmeister alle beide. Gegen keinen Gegner haben die All Blacks eine schlechtere Siegquote (59 Prozent). Auch deshalb nannte Südafrikas Siya Kolisi das Finale am Samstag im Pariser Stade de France ein neues Kapitel in „der größten sportlichen Rivalität der Geschichte“. Und Jeff Wilson, ehemaliger neuseeländischer Nationalspieler, fügt hinzu: „Nirgendwo sonst hat Rugby auch nur ansatzweise einen so hohen Stellenwert wie in unseren beiden Ländern.“

Und trotz all dieser Übertreibungen spricht einiges dafür, dass am Samstag auch eine Ära zu Ende geht. Seit den engen und sportlich sehr hochwertigen Viertelfinals wird das laufende Turnier von zahlreichen Experten als härteste WM aller Zeiten bezeichnet.

Die Hoffnungen der nördlichen Hemisphäre auf einen zweiten WM-Titel (nach England 2003) lagen dabei auf den beiden in der Weltrangliste bestplatzierten Mannschaften Irland und Frankreich. Doch die unterlagen den All Blacks und den Springboks in den Viertelfinals jeweils denkbar knapp. Eine südafrikanische Webseite schrieb: „Im Endspiel sollten eigentlich neue Teams um den Titel kämpfen. Aber nun muss das Finale wieder zwischen den ältesten Rivalen des Spiels ausgetragen werden.“

Und das „alt“ bezog sich dabei keineswegs nur auf die 102-jährige Länderspielgeschichte zwischen Südafrika und Neuseeland, sondern auch auf zwei Teams, bei denen die besten Spieler jenseits der 30 sind und für die das Endspiel von Paris der letzte Auftritt auf der großen Bühne sein wird. In Neuseeland kann sich wohl kaum einer daran erinnern, dass man mal ohne Sam Whitelock, Brodie Retallick, Aaron Smith und Dane Coles gespielt hat. Der 35-jährige Sam Whitelock könnte gar der erste Spieler überhaupt sein, der nach 2011 und 2015 einen dritten WM-Titel gewinnt.

Keine Aura mehr

Die All Blacks waren auch dank dieser Spieler in ihrer erfolgreichen Geschichte so dominant, dass sie oft nicht nur als das beste Rugby-Team der Welt, sondern auch als beste Sportmannschaft der Welt angesehen wurden. Zwischen November 2021 und August 2022 verloren sie nun sechs von acht Länderspielen.

Nach der gewonnenen Viertelfinalschlacht gegen Irland brauchte man nur in ihre Gesichter zu sehen, um zu begreifen; die berühmt-berüchtigte „All Black-Aura“ ist nicht mehr das, was sie mal war. Die Spieler wissen das. Eine australische Rugbywebseite fragte deshalb vor dem Finale: „Ist das das letzte große Gefecht der All Blacks?“, und untermalte seine Polemik mit einem Blick auf die Nachwuchs-WM. Bei der U20 gewannen die All Blacks zwischen 2008 und 2017 sechs Titel in Folge und erreichten bei den vergangenen beiden Auflagen 2019 und 2023 nicht mal mehr das Halbfinale.

Auch bei Südafrika ist ein Großteil der Mannschaft auf dem Weg in die Abenddämmerung ihrer Karrieren. Im Halbfinale gegen England war keiner der acht Spieler der Frontreihe unter 30. Willie le Roux ist 34, Deon Fourie und Duane Vermeulen sogar schon 37. Nach dem aufreibenden Viertelfinale gegen Frankreich waren viele Spieler so platt und emotional aufgebraucht, dass sich sogar die beiden dominanten Spieler der vergangenen Jahre, Kapitän Siya Kolisi (32) und Eben Etzebeth (31) in der zweiten Halbzeit des Halbfinales gegen England auf der Bank wiederfanden.

Im Finale gegen die All Blacks werden die Springboks trotzdem auf ihr physisches Spiel zurückgreifen. In ihren drei WM-Endspielen, die die allesamt gewannen, legten sie insgesamt nur zwei Versuche. Der ehemalige Nationalspieler Schalk Brits gab schon mal einen Ausblick, wie auch dieses Endspiel aussehen könnte. „Wir haben in unserer Geschichte Phasen erlebt, in denen wir versucht haben, wie die Australier zu spielen, wir haben versucht, wie Neuseeland zu spielen, aber wir sind nun zu dem Spiel zurückgekehrt, das in unserer DNA steckt. Wir werden auf Dominanz im Gedränge setzen und auf Kicks. Und wir werden die All Blacks mit unserer Physis konfrontieren.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Dieses Finale muss einfach episch werden!