Finale der Handball-WM: Dabei war es nur ein Spiel
Dänemark hat mit 34:29 gegen den Olympiasieger Frankreich gewonnen. Damit wurde das kleine Land zum dritten Mal in Folge Handballweltmeister.
Die grüne Dose Carlsberg stand noch auf einem Absperrpfeiler, als längst alles vorbei war. Leere Interviewzone, Aufräumarbeiten in Stockholm, die schmucklose Geschäftigkeit, wo eben noch ein Handballfest gefeiert wurde. Es war fast Mitternacht. 23.050 Menschen in der Halle hatten dem Finale dieser Weltmeisterschaft in der riesigen Tele2-Arena einen würdigen Rahmen verliehen.
Die große Mehrheit saß da in Rot und Weiß. Sie sah, wie Dänemark 34:29 (16:15) gegen Frankreich gewann und zum dritten Mal nacheinander Weltmeister wurde, eine historische Bestmarke. Deswegen war die einsame Dose Carlsberg sicher nicht die einzige, die an diesem Abend geleert wurde. Doch wie Emil Jacobsen sie am Sonntagabend erst ausgetrunken und dann abgestellt hatte, war ein elegantes Statement: Das hier gehört uns! Oder: Wir waren da!
Der Flensburger Linksaußen verkörpert die neue Generation der dänischen Handballspieler. Jung, mutig, selbstbewusst. Jacobsen, dazu die Rückraumspieler Simon Pytlick, Mathias Gidsel und der kommende Abwehrchef Magnus Saugstrup sowie zwei, drei andere im Kader sind erst Anfang oder Mitte 20. Und trotzdem schon so gut und wichtig.
Gidsels und Pytlicks Tore haben die Dänen durch das ganze Turnier getragen. Als würde er schon sein Erbe verteilen, sagte deswegen Altstar Mikkel Hansen: „Ich bin stolz, weil wir junge Kerle dabeihaben, die die Hierarchie umstoßen. Sie tragen auf dem Feld und außerhalb zur guten Stimmung bei. Und sie sind im Vergleich mit uns früher sehr reif. Das ist imponierend.“
Hansens starkes Turnier
Hansen, 35, hat ein starkes Turnier gespielt. Aber am Sonntag gelang ihm wenig. Trainer Nikolaj Jacobsen brachte nach der Pause Rasmus Lauge. Der wiederum war während der WM fast nur verletzt gewesen, kam zu Kurzeinsätzen, ehe ihm ausgerechnet im Finale das Spiel des Lebens gelang. Für seine zehn Tore brauchte er nur elf Versuche; acht Mal traf er in der zweiten Halbzeit.
Es habe nie einen besseren Rasmus Lauge gegeben, schrieben dänische Zeitungen. Wie Lauge voranging, als es beim 23:22 in der 43. Minute noch einmal eng wurde, war beeindruckend. Mit Kraft und Übersicht hielt er Frankreich auf Abstand. „Ich hätte nicht gedacht, bei dieser WM noch eine solch große Rolle zu spielen“, sagte Lauge, früher in Kiel und Flensburg im Einsatz, mit Sinn für Understatement, „ich bin einfach reingekommen und habe ein bisschen Handball gespielt.“
Auch der Flensburger Mads Mensah hatte bei dieser WM wenig zeigen können, erst gebremst von einem Infekt, dann auf der Bank, weil sich andere in Form gespielt hatten. Am Sonntag aber brachte ihn Jacobsen zehn Minuten vor Schluss, als Pytlick und Gidsel kräftemäßig längst in der roten Zone waren. Eiskalt knallte Mensah den Ball zweimal ins Tor. Ansatzlos, hart. „Die Dinge bei uns funktionieren einfach“, sagte Mads Mensah später, „Nikolaj weiß, was er haben möchte, und das sagt er uns. Es ist ja nicht so, dass er nur macht, was er will. Er hört auch, was wir wollen – da hat er sich verändert.“
Längst wäre dieser Nikolaj Jacobsen, 51, einer für die dänische Politik. Einige Parteien haben ihn schon umgarnt. Er lehnte diese Angebote bisher alle ab: „In der Politik wird mir zu viel gelogen.“ Im Handball hatte er zuletzt sehr auf Details geachtet, in der Abwehrarbeit etwa. Er hat manchen Profi mit seiner Nichtnominierung vor den Kopf gestoßen.
Er ist anstrengend. Aber bei all dem hat sich der Mann mit dem beachtlichen Bauch und den vielen Tätowierungen nie die Lockerkeit nehmen lassen, den Spaß. Es ist ja nur Handball! So flüssig, so fließend wie bei dieser WM hat man die Dänen noch nie gesehen. Vielleicht war ihr Spiel beim Gewinn der Heim-WM 2019 noch dominanter, noch perfekter. Schöner war es diesmal.
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