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Filmstarts à la carteFrench Filmdirectors in Love

■ Aus gegebenem Anlass heute einmal ein Franzosen-Special: Am Montag wurde der „Kinosommer: Frankreich“ eröffnet, ein bis zum 12. Juli laufendes Filmfest mit Werkschauen französischer Regisseure, Hommagen an populäre Schauspielerinnen sowie Rück-, Ein- und Ausblicken auf Filmklassiker und solche, die es einmal werden wollen. Einer der mit einer Werkschau geehrten Regisseure ist der ehemalige Filmkritiker Olivier Assayas, der mit „Irma Vep“ gleich in mehrfacher Hinsicht an Traditionen des französischen Kinos anknüpft. Wie Godards „Le mépris“ und Truffauts „La nuit américaine“ erzählt auch „Irma Vep“ (1996) von den Dreharbeiten zu einem Film: Der Nouvelle-Vague-Regisseur René Vidal arbeitet an einem Fernseh-Remake des Louis- Feuillade-Serials „Les vampires“ aus den Jahren 1915/16. Die Rolle der Irma Vep, einer faszinierenden Verbrecherin der „Vampir- Bande“ (seinerzeit von der legendären Musidora in einem aufregenden hautengen schwarzen Kostüm porträtiert), soll Hongkong-Star Maggie Cheung übernehmen, die sich in „Irma Vep“ einfach selbst spielt. Der Film folgt seinen Protagonisten zur täglichen Arbeit am Set, berichtet von Liebeleien, Eifersüchteleien und Gerüchten, von kleinen und großen Problemen. Und so ganz nebenbei wird auch noch über das europäische und amerikanische Kino diskutiert und theoretisiert. Vor allem aber ist „Irma Vep“ eine Liebeserklärung - des tatsächlich verliebten Assayas - an Maggie Cheung und ihr Image als starke, geheimnisvolle und erotische Frau. Ein Image, das gleichzeitig reflektiert wird: Denn Cheung erweist sich im Film als eine sehr normale junge Frau, die die meisten Hongkongfilme dumm und zu gewaltätig findet, sich aber gleichermaßen ziemlich irritiert über das europäische Filmset bewegt und keine Ahnung zu haben scheint, was die verrückten Franzosen eigentlich von ihr wollen. Doch in ihrer Irritation erreicht sie genau jene traumwandlerische Ausstrahlung, die René Vidal sich für seine Irma Vep vorgestellt hat. Allerdings bekommt Vidal aufgrund eines Nervenzusammenbruchs den Film dann doch nicht mehr fertig. Aber was kann man auch sonst von einer Figur erwarten, die von Jean-Pierre Léaud verkörpert wird?

„Irma Vep“ 2.7. im Hackesche Höfe Filmtheater; „Le mépris“ (OmU) 1.7. im FSK

■ Noch ein Regisseur, der in seine Hauptdarstellerin verliebt war: Jean-Luc Godard, dem das FSK eine Retro widmet, heiratete die Dänin Anna Karina kurz nach den Dreharbeiten zu „Une femme est une femme“ (1961). Auch Godard reflektiert in „Une femme est une femme“ Kinogeschichte, allerdings die amerikanische: Lubitschs gagreiche Dreiecksgeschichten sowie die großen Musicals in Farbe und Scope standen Pate für die Geschichte der Stripteasetänzerin Angela, die von ihrem Lebensgefährten Emile ein Kind möchte, ihn aber erst dann soweit bringt, als sie ein Techtelmechtel mit dem gemeinsamen Freund Alfred beginnt. Ein für Godard- Verhältnisse relativ „leichter“ Film, der gleichwohl voller Ton- und Farbexperimente steckt und diverse für die Nouvelle Vague damals übliche Verweise auf Arbeiten von Freunden und Kollegen enthält.

„Une femme est une femme“ (Eine Frau ist eine Frau) (Om e.U.) 2.7. im FSK

■ Ein Film eines weiteren Ex- Kritikers, der sich Gedanken über das Musical gemacht hat, läuft in der Reihe „Rückblick- Klassiker“: Jacques Rivettes „Haut bas fragile“ erzählt von drei jungen Frauen, deren Lebenswege sich in einer jener für Rivette typischen geheimnisvollen Geschichten kreuzen. Ein Mädchen, das nach langem Koma wieder erwacht, eine ererbte Villa, Bibliotheken und Diskotheken, kleinkriminelle Deals und eine mysteriöse Organisation - sie alle schaffen eine Atmosphäre, in der es diesmal nicht verwundert, wenn die Protagonistinnen plötzlich auf der Treppe anfangen zu singen.

„Haut bas fragile“ (Vorsicht: Zerbrechlich) 2.7., 4.7. im Hackesche Höfe Filmtheater

Lars Penning

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