piwik no script img

Filmstarts à la carteDie Reize Lateinamerikas

■ In animationstechnischer Hinsicht unterscheiden sich Zeichentrick-Großproduktionen kaum mehr voneinander: Die Kombination aus traditioneller zweidimensionaler Handzeichnung der Hauptfiguren und computerbearbeiteter 3-D-Animation (für Massenszenen, Spezialeffekte und Hintergründe) darf heute als Standard gelten. Mittelfristig setzt sich die Zeit und Personal sparende Computeranimation vermutlich komplett durch - doch mit dem Verschwinden der Handarbeit werden Zeichentrickfilme viel von ihrem Charme verlieren. Daran können auch immer aufwändigere, spektakulärere Action-Szenen nichts ändern. Ein wenig zeichnet sich dies bereits in dem amüsanten Animationsabenteuer „Der Weg nach El Dorado“ von Eric „Bibo“ Bergeron und Don Paul ab: Die Balance zwischen Althergebrachtem und neuester Technologie ist manchmal nicht stimmig - oft überzeugt die flotte Geschichte mehr als ihre künstlerische Gestaltung. Im Gegensatz zu vielen Produkten des Konkurrenten Disney verfolgt die Produktion der Spielberg-Firma DreamWorks einen etwas erwachseneren Anspruch: Die Dialoge sind frech und witzig, und die Hauptfiguren Tulio und Miguel erweisen sich - in der recht dreist Rudyard Kiplings Kurzgeschichte „The Man Who Would Be King“ und John Hustons gleichnamiger Verfilmung aus dem Jahr 1975 entlehnten Story - als ausgesprochene Schlitzohren. Aus den britischen Abenteurern, die sich in einem asiatischen Land zu Göttern erheben und an ihrem aufkeimenden Größenwahn scheitern, sind zwei spanische Kleinganoven geworden, die im Lateinamerika des 16. Jahrhunderts nach dem sagenumwobenen Goldschatz von El Dorado suchen. Die Gottwerdung der sympathischen Halunken gerät allerdings zu einem eher ironischen Spiel: Ein hinterlistiger Priester und ein schlauer Indianerhäuptling versuchen die beiden unbedarften Helden im Kampf um die Macht für sich auszunutzen. Dass Tulio und Miguel schließlich den Reizen des Gastlandes erliegen, ist nicht nur auf die Schönheit der Landschaft zurückzuführen: Chel, eine kleine rebellische Indianerin mit kokettem Augenaufschlag, kommt als für Zeichentrickverhältnisse doch ziemlich durchtriebene Sexbombe daher.

29.3.-4.4. im Sojus

■ Gene Kelly verkörperte den Durchschnittsamerikaner: hemdsärmelig, dynamisch, athletisch, optimistisch. War für den eleganten Fred Astaire der Tanz stets das Mittel zur Verführung der Frau, stand in Kellys Filmen doch eher die Kameraderie im Mittelpunkt. So auch in Vincente Minnellis „An American in Paris“, in dem Kelly als erfolgloser Maler gern mit dem ebenso erfolglosen Komponisten Adam Cook (Oscar Levant) herumblödelt oder den Pariser Straßenkindern amüsanten Englischunterricht erteilt. Obligatorisch waren für Kelly allerdings auch die melancholischen Phantasien und Tagträume wie das siebzehnminütige Schlussballett, dessen einzelne Szenen vom Stil berühmter französischer Maler wie Dufy, Rousseau und Toulouse-Lautrec inspiriert wurden. Heute kaum mehr vorstellbar, dass die Entscheidungen des Kameramannes John Alton, Tänzer auch im Gegenlicht zu zeigen oder farbiges Licht zu verwenden, seinerzeit das Produktionsteam polarisierten: Während sich Minnelli von Altons „low-key“-Fotografie begeistert zeigte, konnten sich Art Director Preston Ames und die Kostümdesignerin Irene Sharaff, die ihre Arbeit hinter farbigen Nebelschwaden verschwinden sahen, mit dem Film-noir-Spezialisten so gar nicht anfreunden.

„Ein Amerikaner in Paris“ 30.3. Filmtheater am Friedichshain; 1.4. Delphi

■ Lange Jahre hatte er mit Charakterrollen reüssiert - erst der in seinen Methoden nicht wählerische Rauschgiftfahnder „Popeye“ Doyle in William Friedkins „The French Connection“ machte den damals vierzigjährigen Gene Hackman wirklich zum Star. „The French Connection“ setzt vor allem auf Hackmans physische Präsenz: Man sieht ihn rennen, schnaufen und schwitzen - selten zuvor hatte jemand einen derartig hartnäckigen und verbissenen Polizisten auf die Leinwand gebracht.

„French Connection“ (OF) 4.4. im Central

Lars Penning

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen