Filmfestspiele Venedig mit Antifa light: Romanze und Radikalisierung
Links und Landadel? Mit Julia von Heinz’ Spielfilm „Und morgen die ganze Welt“ geht in Venedig ein deutscher Wettbewerbsbeitrag ins Rennen.
R echtsruck in Deutschland, eine Partei, die Rassismus auf blauen Plakaten propagiert, Naziangriffe auf Migranten, Antifa-Aktivisten, die gegen rechte Aufmärsche protestieren: Bei den Filmfestspielen von Venedig ist mit Julia von Heinz' „Und morgen die ganze Welt“ ein deutscher Wettbewerbsbeitrag im Rennen, dessen Thema aktueller nicht sein könnte.
Zur Erinnerung: Vor fünf Jahren hatte von Heinz zur Weihnachtszeit ihre Verfilmung von Hape Kerkelings Pilgerweg-Bestseller „Ich bin dann mal weg“ ins Kino gebracht, eine eher leichtfüßige Angelegenheit.
Doch jetzt ist Schluss mit lustig. Luisa (Mala Emde), Jurastudentin im Erstsemester, aus reichem adligen Haus, die Familie geht am Wochenende zur Jagd, lernt über ihre Freundin Batte (Luisa-Céline Gaffron) das autonome Kulturzentrum P 31 in Mannheim kennen. Man engagiert sich in der Antifa, protestiert bei Nazidemos mit Transparenten, Megafonskandierungen, präpariert Eier mit Farbe, wirft Sahnetorten, um in der Hauptsache zu stören.
Bei einem Aufmarsch von Nazis im Umland kundschaftet die Gruppe die Autos der Rechtsextremen aus, zersticht die Reifen, schlägt Scheiben ein und Außenspiegel kaputt, danach soll der Rückzug angetreten werden. Der charismatische Alfa (Noah Saavedra) will es den Nazis aber einmal so richtig zeigen, man wartet ab, bis sie zu ihren Wagen zurückkehren, dann prügeln die Autonomen auf die Nazis ein. Die wehren sich, Luisa wird von einer Nazifrau am Bein verletzt.
Alfa, Luisa und Lenor
Nach dieser Aktion beginnt sich das Kulturzentrum aufzuspalten in diejenigen, die wie Luisas Freundin Batte weiter bei friedlichen Protesten bleiben, und diejenigen, die wie Alfa nach anderen Wegen des Widerstands suchen. Luisa schließt sich Alfa an, auch in emotionaler Hinsicht finden beide Gefallen aneinander. Mit von der Partie ist stets der skeptische IT-Experte Lenor (Tonio Schneider).
Julia von Heinz vermischt in der Folge die Anflüge einer Jugendromanze mit der verwirrend unentschlossenen und nicht besonders klar motivierten Radikalisierung Luisas. So spürt das Trio um Alfa erst einen Altnazi namens Manfred Röhder (nach dem realen Vorbild Manfred Roeder benannt) und dann dessen Lager mit Propagandamaterial und Waffen auf, klaut daraus Unterlagen und Sprengstoff, die das Trio vergräbt. Später wird Luisa ein Jagdgewehr aus dem elterlichen Bestand entwenden.
Daneben führt man Diskussionen um Sinn und Ziele des bewaffneten Widerstands, die jedoch nie über Oberflächlichkeiten hinausgehen. Auch die interne Dynamik des Kulturzentrums mit den sich abzeichnenden Richtungsstreits wird allenfalls am Rand geschildert, das Personal neben den Hauptfiguren ist arg schematisch besetzt. Da ist die Kampflesbe, ein paar Leute mit Migrationshintergrund, die vom Drehbuch jedoch praktisch nichts zu sagen bekommen, und irgendwie wirkt alles sehr lieb, so wie die Gesichter von Luisa und Alfa. Antifa light.
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