Filme aus Japan und Irland im Wettbewerb: Lieben auf Japanisch
Lidokino 7: Komplizierte Familienverhältnisse inszeniert Kōji Fukada. Den Irlandkonflikt als Allegorie zeigt Martin McDonagh in Venedig.
Es sieht alles ganz unkompliziert aus bei den Eheleuten Taeko und Jirō und dem Sohn Keita. Die Geburtstagsfeier von Jirōs Vater steht an, Freunde helfen bei den Vorbereitungen, es soll eine Überraschung für den Jubilar geben. Doch schon nach den ersten Minuten des Films „Love Life“, mit dem der japanische Regisseur Kōji Fukada im Wettbewerb von Venedig angetreten ist, schleichen sich Zeichen ein, dass die scheinbare Harmonie eher Fassade ist und einige Schieflagen in der Familie lauern.
Von einem Familienkonflikt auf der Feier steuert Fukada die Handlung binnen kürzester Zeit in eine Katastrophe, nachdem er dem Publikum zwischendurch einige Momente von unbeschwert anmutender Komik gegönnt hat. Danach ist bei dem Paar, das sich als Patchworkfamilie herausstellt, sehr zum Missfallen der Eltern Jirōs, alles anders. Und es wird noch einmal anders, als der leibliche Vater von Keita auftaucht, der ganz eigene Probleme mit sich herumschleppt.
Kälte in Paaren
„Love Life“ zeigt die Kälte, die zwischen Partnern herrschen kann, wenn es zu viel an äußeren Erwartungen gibt, die an sie gestellt werden, und versinnbildlicht dies mit der schuhkartonartigen Wohnung, in der Taeko und Jirō wohnen, die mit ihren bodentiefen Fenstern völlig transparent wirkt, in der die Schwierigkeiten jedoch unsichtbar hinter den diskreten Schubladen an den Wänden lauern. Ähnlich verschlossen hat sich das Paar in seinem Alltag eingerichtet und wacht erst langsam aus dieser habituellen Lähmung auf.
Fukada, der in seinem Film „Harmonium“ von 2016 schon eine ähnlich verwickelte Familiengeschichte erzählte, schaltet mit nüchterner Härte die tragischen Momente im Leben des Paars gegen feine Situationskomik und weiß hervorragend ökonomisch zu erzählen. Kleine Details ergeben mitunter erst sehr spät ihren Sinn, bei aller Klarheit der Inszenierung entpuppt sich das Liebesleben, das besichtigt wird, als nahezu heilloses Durcheinander. Ein weiterer Höhepunkt des Festivals.
Eine Spur zu geschliffen
Übersichtlicher, dafür aussichtsloser gestaltet sich ein Konflikt zwischen zwei Freunden, von dem Martin McDonaghs Wettbewerbsbeitrag „The Banshees of Inisherin“ handelt. Der irische Regisseur lässt seinen Film auf einer nicht weiter benannten Insel vor dem Festland Irlands spielen, man schreibt das Jahr 1923, in dem der Bürgerkrieg im Land endete. Vom Krieg hört man lediglich ferne Kanonenschläge, stellvertretend dafür sind die Freunde Colm (Brendan Gleeson) und Pádraic (Colin Farrell) zu Beginn des Films plötzlich ohne erkennbaren Grund über Kreuz und werden es für lange Zeit bleiben.
Der Film ist eine als solche gut erkennbare Allegorie auf die Zerrissenheit des Landes, souverän gespielt von den beiden Hauptdarstellern, die auch schon in McDonaghs „Brügge sehen … und sterben?“ von 2008 Seite an Seite spielten. Die von McDonagh verfassten Dialoge sind wie gewohnt pointiert geschliffen, vielleicht eine Spur zu geschliffen, um seinen Figuren genügend Leben einzuhauchen.
Womöglich sind dieser Colm und dieser Pádraic aber auch einfach zu hölzern angelegt, Sturköpfe, die sie beide sind, um ernsthaftes Interesse an ihrem Mangel an innerer Beweglichkeit zu wecken. Eine sehr sture Protagonistin hatte McDonagh in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, der 2017 in Venedig im Wettbewerb lief, mit mehr Erfolg auf Kurs gehalten. Immerhin: Die wilde Insellandschaft sieht toll aus, und die mitwirkenden Tiere, ein Hund und die Eselin Jeanne, haben anrührende Auftritte.
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