■ beiseite: Film
Keine Panik, auch in ferner Zukunft bleibt Beziehungsstress nervenaufreibend. Nur könnte es sein, dass der Partner bald eine virtuelle Bildschirmfigur ist und der Stress anders vermittelt werden muss, wie das der Australier Toby Anguin in seinem Beitrag für das diesjährige Interfilm-Festival „Zukunft und Ekstase“ zeigt. Allein dieser Titel bedeutet, was man in diesem Jahr vorhat: den großen Ausblick ins nächste Jahrtausend; ein Ausblick, der in diesem Jahr rund 300 Filme aus 28 Ländern (Länderschwerpunkte: Mexiko und Frankreich) thematisch einigermaßen vereinigen soll. Kein leichtes Unterfangen, obwohl zumindest die dramatische Machart der aus 850 Einsendungen ausgewählten Werke eine gewisse Homogenität ausstrahlt: Ein bisschen komisch und wirr wirken sie mitunter, und düstere Untertöne hinterlassen zuweilen ein Gefühl der Beklemmung. Letzteres sehr anschaulich in Elene C. Larios Neunminüter „My Baby“, in dem die ungeborenen Hauptdarsteller die werdenden Eltern über die Klinge springen lassen.
Ansonsten gibt es aber wie gehabt viel Unterschiedliches: Der Amerikaner Bill Plympton zeigt den Freunden des zotigen Animationsfilms eine Auswahl seiner Filme, die haufenweise Attacken gegen den guten Geschmack reiten.
Die Freunde des Abwegigen dürften während der Eject-Nacht auf ihre Kosten kommen, die der Musikvideo- und Werbeclips mit der Cannes-Rolle. 20 deutsch-deutsche Kurzfilme aus vier Jahrzehnten stehen auf dem Programm, und für die Theoretiker unter den Kurzfilmfans runden Seminare das bis Ende Oktober laufende Festival ab.
Eine eigene Zukunftsvision haben die Macher des Interfilm-Festivals natürlich auch: Internationalität und Vielfalt heißt diese Vision, die zugleich auch Überlebensstrategie ist. Denn die notorisch klammen Organisatoren hoffen noch immer auf ein gesichertes Standbein durch institutionelle Förderungen. Laufende Kosten ließen sie in den letzten Jahren bereits im Nullbereich kalkulieren: Es fehlt an Geld für Filmrechte, Kopierkosten und Vermarktung. Zumindest das Publikum wächst, man rechnet in diesem Jahr mit mehr als den 6.000 Zuschauern aus dem Vorjahr.
Christoph Rasch
Der Interfilm-Auftakt findet heute um 20.30 Uhr mit Festival-Höhepunkten und einer Bill-Plympton-Schau statt. Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10.
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