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Film über die „Boston Globe“-JournalistenWerbung, vergoldet

Der Film „Spotlight“ über das Rechercheteam hat gerade den Oscar gewonnen. Gut für die Zeitung, denn sie hat in den letzten Jahren viel gelitten.

Die Original-Spotlight-Crew mit der Original-Sacha-Pfeiffer (2.v.r.). Foto: reuters

„Alle um mich herum haben vor Freude geschrien“, erinnert sich Sacha Pfeiffer, Journalistin beim Boston Globe. Sie selbst war ganz still. Konnte nicht glauben, dass „Spotlight“ gerade einen Oscar für den besten Film bekommen hatte.

Spotlight, das ist auch der Name des Investigativteams des Boston Globe, mit dem Pfeiffer 2002 einen großen Missbrauchsskandal der katholischen Kirche aufgedeckt hat. Im Film wird Pfeiffer von Rachel McAdams gespielt: die einzige Frau im Investigativteam und noch dazu aus einer streng katholischen Familie.

„Der Preis war ein richtiger moralischer Aufschwung für den Journalismus“, sagt Pfeiffer. Ursprünglich habe sie es für eine schlechte Idee gehalten, die Geschichte in Hollywood verfilmen zu lassen: „Häufig sieht man im Kino diese ganzen Klischees über Journalismus: ein stereotyper Newsroom, Reporter, die mit ihren Informanten schlafen.“ „Spotlight” verzichtet auf diese Klischees.

Umso überraschender das positive Feedback. Seitdem der Film vergangenes Jahr in die amerikanischen Kinos kam, hat die Resonanz der Leser zugenommen. Der allererste Spotlight-Artikel aus dem Januar 2002 gehört inzwischen zu einem der meist geklickten auf der Website, bestätigt Jason Tuohey, Digitalredakteur. „Es ist ein gutes Gefühl zu sehen, wie die Leute auch heute noch tiefer in die Originalgeschichte eintauchen wollen“, sagt Tuohey.

Die Geschichte schlug im Jahr 2002 weltweit Wellen – weit über die katholische Kirche in Boston hinaus. „Als wir mit der Recherche anfingen, dachten wir, es betreffe vielleicht ein oder zwei Pastoren“, erinnert sich Pfeiffer. „Dann waren es 6, 12 – irgendwann 20.“ Schlussendlich war von 70 Priestern in Boston die Rede, die Kinder missbraucht hatten. Für ihre Recherchen gewann das Spotlight-Team im Jahr 2003 den renommierten Pulitzer-Preis, eine der höchsten Auszeichnungen im amerikanischen Journalismus. Insgesamt hat die Zeitung bis heute 21 Pulitzer-Preise erhalten.

An Investor verscherbelt

Dennoch hat der Boston Globe seitdem wirtschaftlich mehr gelitten als viele andere Tageszeitungen in den USA. Im September 2002, neun Monate nach dem ersten Missbrauchsartikel, hatte die Zeitung noch eine tägliche Auflage von knapp 470.000 Stück. 2013 waren es nur noch 245.000 Exemplare. Der Globe wurde so zum Sorgenkind der New York Times Company, die ihn 1993 für eine Rekordsumme von 1,3 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden Euro) gekauft hatte.

In seiner größten Krisenzeit, 2009, drohte der Verlag der Globe-Belegschaft: Wenn die Gewerkschaften keine massiven Gehaltseinschnitte akzeptierten und so 20 Millionen Dollar sparten, würde die Zeitung geschlossen werden. So weit kam es nicht, aber die NYT Company verscherbelte den Globe 2013 für 70 Millionen Dollar (63 Millionen Euro) an den Bostoner Unternehmer John W. Henry, der schon den Fußballverein FC Liverpool und die US-Baseballmannschaft Boston Red Sox gekauft hatte.

Heute experimentiert der Globe mit verschiedenen Digitalmodellen, nutzt den Erfolg von „Spotlight” auch für Eigenwerbung und hat, passend zum Film, ein Stipendium für Investigativjournalismus ausgeschrieben. Der Globe-Geschäftsführer Mike Sheehan zeigt Anzeigenkunden neben den üblichen Zahlen und Präsentationen auch den Trailer zu „Spotlight“.

Doch bei all der Euphorie der Reporter, die Tragödie der Opfer soll nicht für PR-Zwecke ausgenutzt werden. In einer zwölfminütigen Doku beschreibt der Boston Globe auf seiner Website die grundsätzliche Arbeit des Spotlight-Teams und blickt auf dessen 40-jährige Geschichte zurück. Die Berichterstattung über den Missbrauchsskandal wird nur kurz erwähnt. Fast 360.000-mal wurde das Video bereits auf Facebook angesehen. Zum Vergleich: Ein Video über die letzte Debatte der Republikaner im Vorwahlkampf wurde gut 10.000 geschaut.

Für den Boston Globe – aber auch den Journalismus – könnte es keine bessere Werbekampagne geben: „Der Erfolg des Films zeigt, was verloren geht, wenn es keinen Journalismus mehr gibt“, so Sacha Pfeiffer. „Der Film feiert den Journalismus – aber er würdigt auch die Opfer.“

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