■ Film, Musical, Börse etc.: Birth of a Nation
Sehr verändert hat der Mann sich nicht. Noch immer trägt er eine dunkle Ballonmütze, noch immer steckt zwischen seinen Zähnen eine unangezündete, abgekaute Zigarre. Melvin Van Peebles sieht noch immer aus wie „Sweet Sweetback“, der schwarze Hustler, den er 1971 in einem der wichtigsten Filme der amerikanischen Filmgeschichte spielte. Als einen schwarzen „Birth of a Nation“ hat ein Filmkritiker „Sweetback“ damals bezeichnet, heute nennen ihn schwarze Regisseure wie Spike Lee und John Singleton als ihr Vorbild.
In den meisten deutschen Filmlexika sucht man „Sweet Sweetback's Baadass Song“ (1971) von Melvin Van Peebles allerdings vergebens. Obwohl dies der Film war, der in den siebziger Jahren eine Welle schwarzer Blaxploitation-Filme wie „Superfly“ oder „Shaft“ auslöste, ist er in Deutschland kaum zu sehen gewesen. Jetzt widmet arte dem afroamerikanischen Filmpionier Van Peebles einen Themenabend, bei dem „Sweet Sweetback“ zum erstenmal im deutschen Fernsehen zu sehen ist.
Der Film ist für ein weißes Publikum immer noch schwer zu schlucken. Schon mit dem Titel signalisierte „Sweetback“ schwarzen Amerikanern, daß hier kein „guter Neger“ zu sehen war. Sweetback ist ein Kleinkrimineller aus dem Ghetto, der erst auf der Flucht vor der Polizei anfängt, sich mit seinen „schwarzen Brüdern und Schwestern“ zu solidarisieren. Van Peebles erzählt die Geschichte in atemberaubenden Montagesequenzen mit knallenden psychedelischen Farben und wüsten visuellen Effekten zu einem Stakkato-Soundtrack der frühen Earth, Wind & Fire.
„Sweetback“ entstand als Independent-Produktion mit 500.000 Dollar, die Van Peebles sich unter anderem von Bill Cosby zusammengeliehen hatte. Der Film spielte mehr als vierzehn Millionen Dollar ein. Trotzdem hat der heute 65jährige Van Peebles seither keinen eigenen Film mehr machen können. In den siebziger Jahren inszenierte er Musicals, in den achtziger Jahren arbeitete er an der New Yorker Börse und veröffentlichte sogar ein Buch über die Spekulation mit Wertpapieren. Für den Film „Panther“ seines Sohns Mario Van Peebles (New Jack City) über die Black Panther schrieb er das Drehbuch und spielte in dessen Film „Posse“ mit. Zur Zeit bereitet er eine Verfilmung einer seiner Romane aus den sechziger Jahren vor. Tilman Baumgärtel
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