Festplattenaffäre im Reservistenverband: Er sagt, es sei Mobbing
Thomas K. soll tausende rechtsextreme Dateien besessen haben. Eine Klage gegen den Reservistenverband zog er jetzt zurück.
![Drei Plüschbären in Bundeswehruniform sitzen nebeneinander Drei Plüschbären in Bundeswehruniform sitzen nebeneinander](https://taz.de/picture/2572027/14/52214642.jpeg)
Am Dienstag nun traf sich Thomas K. mit seinem Arbeitgeber vor Gericht. Beklagter war allerdings nicht Thomas K., dem vom Landesvorsitzenden und der Landesgeschäftsführung des Verbands vorgeworfen wird, tausende Dateien mit rechtsextremen Inhalten besessen zu haben – sondern der Reservistenverband selbst.
K. hatte gegen den Landesgeschäftsführer des Verbands in Mecklenburg-Vorpommern wegen Mobbings geklagt. Er sieht sich zu Unrecht beschuldigt und vermutet, dass ihm die Dateien, die Namen tragen wie „Arisches Blut.mp3“, gezielt untergeschoben werden sollten, um ihn loszuwerden.
Die erste Instanz hatte seine Klage abgewiesen, weil das Gericht nicht genügend konkrete Belege für ein solches Mobbing sah. Thomas K. legte Berufung ein. Diese wurde am Dienstag vor dem Landesarbeitsgericht in Rostock verhandelt. Nach mehr als anderthalb Stunden Verhandlung zog Thomas K. seine Berufungsklage jedoch zurück. Der Richter hatte ihm mehrfach deutlich gemacht, wie gering seine Aussicht auf Erfolg sei.
Im Gegenzug versprach der Justiziar des Verbandes, Hans-Joachim Jungbluth, er werde sich beim Bundesverband dafür einsetzen, dass Thomas K. ein so genannter „Stufenanstieg“ bewilligt werde, also die Einstufung in ein höheres Dienstalter. Kommt es dazu, bezöge Thomas K. ein höheres Einkommen. Jungbluth hatte bereits in der Vergangenheit gegen eine Kündigung von K. argumentiert.
Keine Strafanzeige gestellt
Die Affäre beschäftigt den Reservistenverband bereits seit einigen Jahren. Die taz hatte über Thomas K. und den Reservistenverband Mecklenburg-Vorpommern berichtet, weil K. auf einer dienstlichen Festplatte massenweise Lieder von rechtsextremen Bands und andere derartige Inhalte gespeichert haben soll. K. arbeitet als Angestellter des Verbandes in Mecklenburg-Vorpommern. Seine Vorgesetzten hatten den Fund der Festplatte mit den fragwürdigen Dateien an die Bundesgeschäftsstelle gemeldet. Diese hatte sie in der Folge unter anderem zum Bundesamt für Verfassungsschutz geschickt.
Die Bundesgeschäftsstelle des Reservistenverbandes, die über eine Kündigung hätte entscheiden müssen, war aus angeblichem Mangel an Beweisen allerdings nie gegen K. vorgegangen. Unter anderem hieß es, die Festplatten seien nicht beweiskräftig. Gegen ihn wurde auch bis heute keine Strafanzeige seitens des Reservistenverbandes aufgrund der Dateien gestellt. K. ist daher als unschuldig im Sinne der Unschuldsvermutung anzusehen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte jedoch großes Interesse an den Dateien angemeldet und auf die Aktualität und Brisanz der Dateien hingewiesen. Der damalige Präsident des Reservistenverbands, der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter, hatte daraufhin in einem Brief spekuliert, ob K. möglicherweise selbst für den Verfassungsschutz tätig sei. K. wies dies gegenüber der taz zurück.
Um die Festplattenaffäre ging es am Dienstag in Rostock allerdings nur am Rande. Thomas K. wollte mit dem Verfahren stattdessen unter anderem eine Versetzung seines Vorgesetzten wegen Mobbings erreichen. So habe der Landesgeschäftsführer ihm fünf Abmahnungen geschickt, die alle wieder zurückgenommen worden seien. Thomas K. dürfe Haushaltsmittel nicht mehr selbstständig verwalten, auch habe die Landesgeschäftsstelle seine Emails kontrolliert. Im Zuge dieser Vorwürfe sagte Thomas K. auch, der Landesgeschäftsführer habe Daten gegen ihn ausgespielt. Der Landesgeschäftsführer habe ihn und seine Mitarbeiterin in seiner Ehre verletzt, sagte K. Und: „Ich bin vernichtet worden.“
Der Richter sagte, es gebe keinen Anspruch eines Angestellten, seinen Vorgesetzten versetzen zu lassen. Um von Mobbing zu sprechen, müsse sich „eine ständige Drangsalierung des Angestellten erkennen lassen“.
In zuweilen lauten und emotionalen Wortwechseln legte Justiziar Jungbluth dem Kläger Thomas K. nahe, auf eine andere Arbeitsstelle in einem anderen Bundesland zu wechseln. Zum Beispiel nach Brandenburg. Dem widersetzt sich K. allerdings seit Beginn der Auseinandersetzung. „Auch wenn es nur 80 oder 120 Kilometer sind?“, fragte Jungbluth. Er riet K. zu „einem Tapetenwechsel“ bis sich die Angelegenheit beruhigt habe.
Das hört sich noch nicht nach einer endgültigen Lösung des Problems an. Diese wird aber in der Bundesgeschäftsstelle des Reservistenverbands inzwischen gewollt. Nach taz-Informationen hatte das Präsidium des Reservistenverbands sich zuletzt darauf verständigt, die Affäre nun „endgültig zu beenden, auch wenn dies teuer wird“, wie es aus dem Verband hieß.
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