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Festnahmen in der TürkeiVorwurf: Terrorpropaganda

Der Fotograf und taz-Stipendiat Uygar Önder Şimşek wurde aufgrund seiner Fotos festgenommen. Nun ist er unter Auflagen frei. Die Anklage bleibt bestehen

Şimşek ist einer von Hunderten, die seit Beginn der Afrin-Operation festgenommen wurden Foto: Reporter ohne Grenzen

Türkische Journalisten und Journalistinnen riskieren ihre Freiheit – wenn sie ihre Arbeit im Internet teilen. Diese bittere Erfahrung hat gerade der Fotograf Uygar Önder Şimşek gemacht. Polizisten nahmen den 30-Jährigen am Donnerstag voriger Woche auf dem Flughafen Sabiha Gökçen in Istanbul fest. Şimşek wollte ursprünglich nach Beirut fliegen, er kam aus Berlin.

Bis Dienstag musste Şimşek befürchten, wegen der Anklage „Terrorpropaganda“ in Untersuchungshaft zu kommen. Das hatte die Staatsanwaltschaft gefordert. Am Nachmittag lehnte ein Gericht die Untersuchungshaft jedoch ab, und Şimşek wurde unter Sicherheitsauflagen freigelassen. Er darf die Türkei bis auf weiteres nicht verlassen und muss sich einmal wöchentlich bei einer Polizeidienststelle melden und eine Unterschrift leisten. Die Anklage bleibt bestehen.

Zunächst war er nach seiner Festnahme auf die Polizeiwache in Bursa transportiert und dort zu den Fotos befragt worden, die er für die französische Nachrichtenagentur AFP sowie zahlreiche internationale Medien in Kriegsgebieten aufgenommen hatte. Die Staatsanwälte werfen ihm vor, in den sozialen Netzen mit seinen Fotos Propaganda für eine terroristische Organisation gemacht zu haben.Der Fotograf erklärte, er habe die Fotos aus beruflichen Gründen aufgenommen. Sie seien nicht als Terrorpropaganda zu bewerten.

Einer von 574

Şimşek stritt die Vorwürfe vehement ab, wie sein Anwalt mitteilte. „Ich mache diese Fotos im Auftrag von Medienunternehmen. Ich habe sie geteilt, um meine Arbeit zu bewerben, nicht um Terrorpropaganda zu betreiben,“ sagte Şimşek.

Die türkische Armee greift derzeit die YPG im türkisch-syrischen Grenzgebiet an. Sie versucht, die kurdische Hochburg Afrin zu erobern. Ankara wirft der Truppe vor, syrischer Ableger der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und deshalb eine terroristische Vereinigung zu sein. Im Kampf gegen den IS hatte die US-Armee Waffen und Munition an die YPG geliefert.

Şimşek ist nicht der Einzige, der sich in diesen Tagen gegen den Vorwurf der Terrorpropaganda wehren musste. Die türkische Polizei hat seit dem 20. Januar nach Angaben des Innenministeriums 573 Kritiker der sogenannten „Operation Olivenzweig“ festgenommen, sie beschuldigt 449 Personen, über soziale Medien Terrorpropaganda verbreitet zu haben. Die übrigen 124 wurden bei Protesten gegen die Militäroffensive festgenommen.

„Journalismus ist kein Verbrechen“

„Uygar Önder Simsek hat unter großen Risiken die Zustände in Kriegs- und Krisenregionen dokumentiert. Dass die türkische Justiz ihm aufgrund seiner Arbeit als professioneller Fotograf Terrorpropaganda unterstellt, ist schlicht absurd“, sagte der Geschäftsführer von „Reporter ohne Grenzen“, Christian Mihr. „Die türkische Justiz muss die haltlosen Anschuldigungen gegen ihn fallen lassen.“

Şimşeks Schwester Özlem zeigte sich erleichtert. „Journalismus sollte nirgends auf der Welt ein Verbrechen sein. Ich bin froh, dass mein Bruder freigelassen wird. Ich hoffe, dass er weiter arbeiten kann.“

Der Fotograf war bis Ende Januar drei Monate Gast der taz-Panter Stiftung und von Reporter ohne Grenzen in Berlin. In dem Auszeitprogramm bekommen Journalisten aus aller Welt die Gelegenheit, sich zu erholen. Die Stipendiaten sind Reporter oder Fotografen, die aus Kriegs- und Krisengebieten berichten oder die in Ländern arbeiten, in denen Polizei, Geheimdienste oder Rebellengruppen starken Druck auf Journalisten ausüben.

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