Festival in Hannover: „Vegan ist mehr als Möhrchen“
Ein Straßenfest in Hannover will die vegane Lebensweise positiv und anschaulich vermitteln.
taz: Frau Borutta, warum wird über Veganismus oft so emotional diskutiert?
Birgit Borutta: Ich glaube, das liegt daran, dass auf beiden Seiten manchmal mit erhobenem Zeigefinger diskutiert wird – obwohl das teilweise auch nur so wahrgenommen wird. Ein anderer Grund ist, denke ich, dass vegan zu leben in der Regel eine Entscheidung ist, die auf Basis von ethischen Werten getroffen wird. Das heißt, wenn ich sage, ich lebe vegan, wird das oft wahrgenommen, als würde ich die Person von meinen Werten überzeugen wollen. Außerdem hat das Fleischessen einfach eine lange Tradition. Und wir alle wissen, wie schwierig es ist, Verhalten zu ändern.
Kann Ihr veganes Straßenfest einen positiven Zugang zu Veganismus vermitteln, im Gegensatz zu dem erhobenen Zeigefinger?
Ich denke, es ist eine Kombi. Nur mit Flyern irgendwo zu stehen, ist, glaube ich, nicht so sinnvoll. Wir geben den Menschen konkrete Beispiele, wie sie vegan leben können. Wir haben auch immer viel Essen anzubieten: vegane Waffeln, Torten, Burger. Außerdem gibt es Musik und Kochshows. Vegan zu leben, ist viel mehr als nur Salat und Möhrchen. Unsere Idee ist, beides zu verbinden: die guten Argumente und die Praxisbeispiele.
Wen wollen Sie erreichen?
Im Prinzip sind alle unsere Zielgruppe. Natürlich freuen sich Veganer*innen darüber, dass sie dort alles essen können, vielleicht neue Marken kennenlernen, nirgendwo Zutatenlisten lesen müssen oder unangenehme Gerüche riechen müssen. Aber vor allen Dingen geht es uns auch um diejenigen, die nicht vegan leben, und darum, ihnen zu zeigen, dass es viele Möglichkeiten und Gründe gibt, vegan zu leben – zum Beispiel weil die Tiere ausgebeutet werden und das Klima sich durch die Folgen des Fleischkonsums rasant wandelt.
Veganes Straßenfest „Vegan Spring Summer Edition“: Sa, 6. 8., 11–20 Uhr, Steintorplatz Hannover; Infos: https://www.veganes-hannover.de/
Vegane Produkte sind oft sehr teuer. Wie kann eine vegane Lebensweise auch sozialverträglich sein?
Ich finde, das ist eine total wichtige Frage. Eine vegane Ernährung basiert auf Gemüse, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Reis. Die Grundnahrungsmittel sind also die gleichen, wie in einer nicht veganen Ernährung, und man kann Fleisch und Milchprodukte einfach weglassen. Außerdem kann man manche Dinge gut selbst machen, Hafermilch zum Beispiel oder Aufstrich.
Birgit Borutta
lebt seit 20 Jahren vegan und engagiert sich im Verein Veganes Hannover
Haben Sie diesbezüglich auch Forderungen an die Politik?
Wir treten mit dem Festival nicht explizit an Politiker*innen heran. Aber wir fragen uns natürlich schon, warum Tierprodukte subventioniert werden, obwohl sie so klimaschädlich sind. Da kommt es auch zu einer künstlichen Preiserhöhung von nicht-tierischen landwirtschaftlichen Produkten. Das finden wir durchaus sehr fraglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört