Festival am Blücherplatz: Hüpfburg gegen Rassismus
Das "Festival gegen Rassismus" will Migranten-Initiativen und andere Minderheiten zusammenbringen.
Jedes Jahr rückt der Blücherplatz zum „Karneval der Kulturen“ ins Zentrum des Geschehens. Mehrere Musikbühnen säumen dann die Grünfläche zwischen dem U-Bahnhof Hallesches Tor, der Amerika-Gedenkbibliothek und der Heilig-Kreuz-Kirche, wenn hier Berlins größtes Multikulti-Spektakel steigt. Auch an diesem Wochenende wird der Platz wieder bevölkert. Allerdings soll es beim „Festival gegen Rassismus“ nicht nur darum gehen, „mal eben zu tanzen und besoffen nach Hause zu gehen“, grenzt sich eine der Veranstalterinnen scharf vom „Karneval der Kulturen“ ab.
Es ist das erste Festival dieser Art, das die verschiedenen antirassistischen und antikolonialen Initiativen Berlins zusammen bringen soll. Vom Roma-Verein „Amaro Foro“ über den kurdischen Elternverein „Yekma“ bis zur Opferberatung „Reach Out“ beteiligen sich mehrere Dutzend Gruppen. Fast vier Monate dauerten die Vorbereitungen, der Fokus liegt auf „Empowerment“, besserer Vernetzung und Koordinierung. „Wir haben viel voneinander zu lernen“, sagt ein Mitglied der „Öffentlichkeits AG“. Weil das Bündnis im Vordergrund stehen soll, wollen selbst die Pressesprecher ihre Namen nicht nennen.
Wandel in der Szene
Drei Zelte und eine Bühne stehen für Filme, Workshops und Konzerte bereit, 16 Musikgruppen haben sich angekündigt. Neben dem offiziellen Programm, das auf farbigen Flyern minutiös aufgelistet ist, soll es aber auch viel Freiraum für „flexible Interventionen“ geben. Für Kinder wird es Workshops und eine Hüpfburg geben. Mit der bundesweiten Vernetzung hat es diesmal zwar noch nicht ganz geklappt. Aber wenn es gut läuft, soll das Festival künftig jedes Jahr stattfinden.
Dass viele der Aktivisten selbst einen Migrationshintergrund besitzen, ist ein Zeichen für einen Wandel der linken Szene, nicht nur in Kreuzberg. „Auch die antirassistische Linke ist traditionell weiß dominiert und am Mainstream-Mediendiskurs orientiert“, kritisiert ein Veranstalter. Dazu will das Festival einen Gegenakzent setzen und „die Dichotomie zwischen VeranstalterInnen und TeilnehmerInnen“ aufheben.
Die etablierten Migrantenverbände wurden gar nicht erst angefragt, weil man sie als zu angepasst und hierarchisch empfindet. „Traditionelle Migrantenorganisiationen sind keine Basisbewegungen, sondern machen Stellvertreterpolitik“, wird moniert. Außerdem orientieren sich viele von ihnen zu stark an den jeweiligen Herkunftsländern. Dass sich Aleviten und Kurden wegen der Repression in der Türkei an diese Identität klammern, sei zwar „selbstverständlich“, findet der Veranstalter. Aber es halte sie auch davon ab, sich in innerdeutschen Debatten zu engagieren. Immerhin: Auch die „Dersim“-Gemeinde, die ihr Hauptquartier am Blücherplatz unterhält, bringt sich beim „Festival gegen Rassismus“ ein.
Der Görlitzer Park wäre den Machern übrigens als Veranstaltungsort lieber gewesen, aber der wurde nicht genehmigt. Dafür führt die Lärmdemo von „Kotti & Co“ an diesem Samstag zum Blücherplatz, wo sie ihren Abschluss findet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben