„Festival USA“: Musik in haarigen Zeiten
Filmsound, Jazz oder Minimal Music: Das Konzerthaus wird zum Ort der unbegrenzten Musikmöglichkeiten. Selbst Stücke von Frank Zappa werden aufgeführt
Der Aufstieg eines ignoranten Tölpels via Twitter und Fake News zum US-Präsidenten, das wäre sicherlich ein guter Opernstoff für Frank Zappa gewesen. Der große Provokateur und Zyniker warf seinem Heimatland stets vor, die eigene Kultur kaum wertzuschätzen, den Blues, den Jazz, das Kulturerbe der Schwarzen. Ein weißer Rassist, der es bis ins Weiße Haus schafft, hätte ihn da bestimmt nicht weiter verwundert.
Jazz, Blues, Zappa – um all das geht es nun beim „Festival USA“ im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Und man kommt nicht darum herum, das Programm vor der Folie der aktuellen Ereignisse in den Staaten zu betrachten. Ohne Trump hätte man wohl nur gesagt: Schau an, wie locker die sich vom Konzerthaus Berlin machen können. Gershwin, Bernstein – damit war zu rechnen, mit den populären Klassikern der amerikanischen Musik des 20. Jahrhunderts eben.
Es werden jedoch auch Stücke der im europäischen Klassikbetrieb immer noch als Exoten angesehenen Minimal-Music-Komponisten wie Steve Reich, John Adams und Philip Glass aufgeführt. Dazu die Filmmusiken des Animationsstudios Pixar und eben auch Kompositionen von Rockstar Zappa, der Igor Stravinsky und Edgar Varèse verehrte. Ein ziemlich buntes und mutiges Programm. Und Iván Fischer, Chefdirigent des Konzerthausorchesters, der bekannt wurde als großer Mozartdirigent, wird es sich nicht nehmen lassen, ein paar Stücke amerikanischer Minimal-Music-Komponisten aufzuführen.
Angesichts des Trumpismus macht man sich bei dieser aktuellen Auflage des Länderfestivals, das sich in den letzten beiden Jahren Frankreich und Russland widmete, automatisch jedoch Gedanken über ganz andere Dinge. Genau die Idee des kulturellen Austauschs, die hier so sehr betont wird, scheint durch die Entwicklung in den USA und deren neuer Politik der Abschottung und Ausgrenzung akut bedroht zu sein.
Ganz bewusst wird dem amerikanischen Gastdirigenten Wayne Marshall gleich an zwei Abenden das eigene Konzerthausorchester anvertraut. Es werden die Philharmoniker aus Jena sein, die die schönsten Melodien aus Hollywood-Animationsfilmen aufführen werden und das Ensemble Modern aus Frankfurt wird das Stück „Yellow Shark“ und eine weitere Komposition von Zappa zu Gehör bringen. Aus all diesen transatlantischen Zutaten werden nun dank Trump hochaktuelle symbolische Gesten gegen ein politisches Klima sein, das eher für den Bau von Mauern als für die Überwindung von Grenzen steht.
Bedrohte Nähe
Elena Kountidou, Kommunikationschefin des Konzerthauses, sagt, dass man vor drei Jahren, als man das Programm für das USA-Festival kuratierte, natürlich nicht ahnen konnte, wer da nun vom Weißen Haus aus die Geschicke der ganzen Welt mitprägt. Ganz selbstverständlich habe man einfach nur versucht, die zehn Festivaltage so zu gestalten, dass sie die kulturelle Nähe zwischen den USA und Europa betonen. Dass die einmal ernsthaft bedroht sein könnte, daran dachte damals noch niemand ernsthaft.
So sollte die Einladung des Asphalt Orchestras, einer Marching Band aus dem Umfeld der Avantgarde-Gruppierung Bang On A Can, den Berlinern nur zeigen, wie lebendig und impulsiv in den USA Jazztradition in andere musikalische Sprachen überführt werden kann. Nun kommt da jedoch eine Gruppe aus New York nach Berlin, die für eine lebendige Kultur des Schwarzen Amerikas steht, für die der Chefberater des neuen amerikanischen Präsidenten nur Verachtung übrig hat.
Wie explizit politisch es auf dem Festival letztendlich wirklich zugehen werde, könne Elena Kountidou nicht sagen, bislang haben keine der am Festival beteiligten Musiker Statements zur aktuellen Lage in den USA abgegeben. „Doch dass einzelne Künstler sich politisch äußern werden, das kann natürlich schon sein“, so die Kommunikationschefin des Konzerthauses. Frank Zappa, würde er noch leben, hätte vielleicht einfach nur einen Song seines alten Gitarristen Steve Vai in Richtung Donald Trump aufgeführt. Dessen Titel: „Fuck Yourself“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!