Festgenommener Separatistenchef: Puigdemont beschäftigt die Justiz
Kataloniens Ex-Regionalpräsident Puigdemont bleibt vorerst in Gewahrsam, entschied das Amtsgericht Neumünster. Nun beginnt das Auslieferungsverfahren.
„Wir befinden uns jetzt erst im richtigen Auslieferungsverfahren“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Georg Güntge. „Jetzt wird geprüft, ob die Auslieferung zulässig ist.“ Puigdemont bleibt zunächst in der JVA Neumünster, in die er nach seiner Festnahme am Sonntag gebracht worden war.
In Spanien wird dem Ex-Regionalpräsidenten Rebellion und die Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Die Polizei in Schleswig-Holstein hatte ihn am Sonntag auf der Grundlage eines europäischen Haftbefehls an der Autobahn A7 nahe der dänischen Grenze festgenommen. Er war auf dem Weg nach Brüssel, wohin er sich im vergangenen Jahr abgesetzt hatte.
Dänemark hatte er zuvor unbehelligt passieren können. Dazu erklärte die Reichspolizei, man habe erst am Sonntagvormittag erfahren, dass sich Puigdemont in Dänemark aufhalte. „Dadurch war es praktisch unmöglich für die dänische Polizei, Carles Puigdemont festzunehmen, bevor er die Grenze nach Deutschland überquerte“, so die Polizei.
Die EU als Vermittler?
Unterdessen mehren sich die Rufe nach einer politischen Lösung des Konflikts zwischen der spanischen Zentralregierung und der katalanischen Unabhängigkeitsregierung. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck warb für eine Vermittlerrolle der EU. Eine politische Einmischung in den juristischen Prozess verbiete sich, es sei aber Aufgabe der Politik, den Konflikt um Katalonien zu lösen, sagte Habeck. Da sei auch die EU gefragt zu vermitteln, wenn die Konfliktparteien das wollten.
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) zweifelt unterdessen an der Rechtmäßigkeit einer Auslieferung von Puigdemont nach Spanien. Die deutsche Justiz würde ihn „nur nach Madrid überstellen, wenn eine solche Auslieferung deutschem und europäischem Recht entspräche“, sagte Roth den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Die Festnahme zeige, dass eine politische Lösung zwischen Spanien und Katalonien überfällig sei. „Die spanische Zentralregierung und übrigens auch das Königshaus wären gut beraten, endlich Brücken zu bauen und Vertrauen zu schaffen, statt die Kriminalisierung gewählter Politiker zum Mittel der Wahl zu machen und damit die ohnehin polarisierte Gesellschaft weiter zu spalten.“
Die Linke will den Rechtsausschuss und den Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestags einberufen. „Dass nun ein Gericht in Schleswig-Holstein über die Zukunft Kataloniens mitentscheiden soll, ist ein Witz“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch. „Die Diskussion um den Status Kataloniens ist eine politische, keine juristische und sollte in Spanien unter Mithilfe der EU geführt werden und nirgends sonst.“
In einem Gastbeitrag für den Nordkurier schrieb Bartsch: „Man muss die Position von Puidgemont nicht teilen, um zur Auffassung zu gelangen, dass er als politischer Gefangener anzusehen ist.“ Die Justiz in Schleswig-Holstein dürfe sich „nicht zum Handlanger politischer Interessen des spanischen Staates machen.“
Deutschlands Rolle
Die „Föderalistische Union Europäischer Nationen“ (Fuen) drängt ebenfalls auf einen politischen Dialog zwischen Madrid und Barcelona. Die Fuen mit Sitz in Flensburg ist eigenen Angaben zufolge mit mehr als 90 Mitgliedsorganisationen in 33 europäischen Ländern der größte Dachverband der autochthonen, nationalen Minderheiten und Volksgruppen in Europa.
„Eine Strafverfolgung wird die institutionelle Krise nicht lösen, sondern nur noch mehr Öl ins Feuer gießen“ sagte Fuen-Präsident Loránt Vincze. Deutschland solle Handlungen vermeiden, die zu einer weiteren Konfrontation führen und den ehemaligen katalanischen Präsidenten nicht ausliefern.
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