Fernsehfilm „Die Akte General“: Gutes Anliegen, falscher Titel
Ein ARD-Drama widmet sich dem legendären Staatsanwalt Fritz Bauer. Dabei ist Ex-Nazi Hans Globke die Hauptfigur.
Voriges Jahr lief, mit viel Kritikerlob versehen, „Der Staat gegen Fritz Bauer“ in den Kinos. Anderthalb Stunden noble Beschäftigung mit einem der nobelsten Nachkriegsfiguren der bundesdeutschen Geschichte.
Bauer war jener Jurist aus dem Schwäbischen, der mit seiner Remigration aus Schweden ins eben noch nationalsozialistische Deutschland eine rechtsstaatliche Jurisprudenz aufbaute – überwiegend gegen den eigenen Justizapparat voller brauner Kader. Ein Film wie eine Geschichtsstunde, mit den famosen Burghart Klaußner und Ronald Zehrfeld in den Hauptrollen.
Weshalb aber jetzt ein zweites, Fritz Bauer gewidmetes Opus? „Die Akte General“ heißt der ARD-Film, der vom SWR verantwortet wird. In den ersten 45 Minuten ist der Plot kaum von „Der Staat gegen Fritz Bauer“ zu unterscheiden. Hier spielt Ulrich Noethen den legendären Staatsanwalt, der Adolf Eichmann – als Akt des Landesverrats – von israelischen Geheimdiensten in den jungen jüdischen Staat entführen (und damit anklagen) lässt.
In Nebenbemerkungen fallen Sätze, die den Zuschauer ins Bild setzen, dass Bauer die Auschwitzprozesse in den sechziger Jahren mit ermöglicht hat. Ebenso kommt zur Sprache, dass dieser in seine Heimat zurückgekehrte Emigrant schwul – und damit erpressbar war (der Naziparagraf 175 hatte ja noch bis 1969 bittere Gültigkeit).
Gute Schauspieler, fade Haupthandlung
Aber all das ist nicht der Kern des Dramas – in Wahrheit dreht es sich um die Möglichkeit, Hans Globke strafrechtlich zu belangen. Bauer und Gehilfen in der hessischen Justiz wollen den Kanzleramtschef Konrad Adenauers wegen seiner Kommentare zur antijüdischen Verfolgung durch das NS-Justizwesen (“Nürnberger Rassegesetze“) drankriegen: „Globke – eine deutsche Nachkriegskarriere“ hätte insofern der Film betitelt sein sollen. Zumal die Figur des aalglatten Nicht-mehr-Nazis mit Bernhard Schütz ausgezeichnet besetzt ist: Weshalb hat es nicht zu einem Film gereicht, der eine der wichtigsten Figuren der Nachkriegszeit in den Mittelpunkt stellt, den Kollaborateur einer Vergangenheitsbewältigung, die faktisch nur begrenzt eine war?
Vielleicht hat sich Stephan Wagner, der nach einem Drehbuch von Alex Buresch Regie führte, nicht getraut: Globke als schillernde, höchst interessante Spinne im Netz der Regierungszentrale Konrad Adenauers zu skizzieren, berührt deutschfilmästhetisch immer noch ein Tabu. Bloß das Böse nicht mit menschlichen Zügen zeigen – wenn schon menschelnd, so wie Fritz Bauer (der selbst, als Verfolger Globkes, nicht minder interessant war).
„Die Akte General“, Mittwoch, 24.2., 20.15 Uhr, ARD
Die Lust an diesem Stoff war ja da, sonst hätte der Filmproduktionsstab nicht einen wie Gustav Peter Wöhler mit der allerdings furios gespielten Nebenrolle des Adenauer-Nachfolgers Ludwig Erhard besetzt. Auch Adenauer, gespielt von Dieter Schaad, ist als der Alte aus Köln kenntlich gemacht: ein Kanzler, der um die braunen Personalangelegenheiten wusste, doch ebenso, dass ohne sie keine Wiederaufbau von Institutionen und Strukturen möglich gewesen wäre.
Aber eben: Zu welchem Preis? Davon handelt dieser Film insgeheim. Dass es am Ende Fritz Bauer und den Seinen nicht gelang, Globke zum Angeklagten zu machen. Der eigentliche Plot – dass Bauers Assistent über diesen eine BND-Akte anlegte – ist nur mäßig spannend.
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