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Feilschen um israelischen Soldaten20 Gefangene für ein Lebenszeichen

Für ein Lebenszeichen auf Video des entführten Soldaten Gilad Schalit ließ Israel heute 20 Palästinenserinnen frei. Die Hamas will Schalits gegen hunderte Gefangene tauschen.

Eine aktuelle Zeitung in der Hand als Lebensbeweis: Gilad Schalit (Standbild aus dem Video). Bild: ap

JERUSALEM taz | Es könnte ein wichtiger Schritt sein zur Beendigung der Geiselaffäre Gilad Schalit. Zum ersten Mal seit seiner Entführung im Juni 2006 lieferte die Hamas am Freitag eine Videokassette ihres Gefangenen, der den Eindruck macht, bei guter Gesundheit zu sein. Die etwas über zweieinhalb Minuten dauernden Aufnahmen sind nicht älter als zwei Wochen. Schalit hält eine in Gaza erscheinende Zeitung vom 14. September in den Händen. Im Gegenzug für die Videokassette entlässt Israel 20 weibliche palästinensische Häftlinge aus dem Gefängnis. Die Bundesrepublik und Ägypten vermittelten bei dem Handel.

"Ich fühle mich gesundheitlich gut", sagt Schalit, der eine grüne Uniform trägt und deutlich abgemagert ist. Hier und da deutet er ein Lächeln an, wobei er die meiste Zeit die Augen auf einen vorgeschriebenen Text richtet. Seine Entführer behandelten ihn "großartig" sagt er. Schalit appelliert an den Premierminister, "ich hoffe, dass (Benjamin) Netanjahu die Gelegenheit für einen (Geisel-)Handel nicht verpasst". Am Ende der Aufnahmen steht er von seinem Stuhl auf und geht ein paar Schritte auf die Kamera zu. Bislang gab es von dem Soldaten nur eine Tonaufnahme, die die Hamas ein Jahr nach seiner Entführung an Israel übermittelte.

In Ramallah wurden 18 der entlassenen palästinenensischen Frauen auf dem Platz vor der Muqataa, der Residenz des Präsidenten, in Empfang genommen. Eine Frau stammt aus dem Gazastreifen, eine weitere wird erst am Sonntag entlassen. Palästinenserpräsident Machmud Abbas verhängte ein Verbot, Hamas-Flaggen zu hissen. Außerdem wurden Parlamentarier, die der Hamas angehören, von den Feierlichkeiten ausgeschlossen.

Um so heftiger feierte die Hamas ihren "triumphalen Sieg des bewaffneten Widerstandes", so Ex-Premierminister Ismail Haniyeh, im Gazastreifen. Die aus Gaza stammende Entlassene wurde gleich nach ihrer Ankunft am Grenzkontrollpunkt zu Haniyeh gefahren. "Dies ist ein Tag großer Hoffnung", verkündete der ehemalige Regierungschef und pries den "phantastischen Erfolg der Palästinenser, die Schalit entführt haben".

Die Häftlinge, die noch hinter Gittern sitzen, beruhigte er mit der Versicherung, sie nicht vergessen zu haben. "Die bewaffneten Truppen werden Euch niemals aufgeben." Eine Veröffentlichung der Aufnahmen ihrer Geisel überließ die Hamas der Entscheidung der Familie Schalit.

Für die Hamas ist der gestrige Handel innenpolitisch ein großer Erfolg. Im Gegensatz zu der in anderen Ländern üblichen Verweigerung, mit Terroristen über einen Gefangenenaustausch zu verhandeln, war Israel immer wieder bereit, selbst für die Auslieferung der Körper gefallener Soldaten arabische Gefangene einzutauschen. Die Tatsache, dass Israel erpressbar ist, ließ palästinensische Politiker von Hamas wie Fatach in der Vergangenheit öffentlich die Entführung israelischer Soldaten diskutieren, als Methode, die eigenen Häftlinge freizupressen.

Rund 10.000 Palästinenser befinden sich noch in Haft. Die Hamas fordert im Austausch für Schalit die Freilassung von insgesamt 450 palästinensischen Gefangenen. Israel lehnt dies bisher ab.

In Israel gehen die Meinungen darüber auseinander, ob ein Handel mit Entführern ohne Rücksicht auf die Konsequenzen geführt werden soll. Die Entlassung von 20 Palästinenserinnen im Gegenzug für die Kassette ist vermutlich Teil einer Regierungskampagne, mit der die öffentliche Meinung auf den bevorstehenden deutlich größeren Preis vorbereitet werden soll, wenn es um die Befreiung des Soldaten geht. "Auch wenn der Weg noch lang ist", so Netanjahu, sei das Lebenszeichen Schalits ermutigend. In Israel rechnet man damit, dass der Gefangene erst im nächsten Jahr wieder nach Hause kommen wird.

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21 Kommentare

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  • D
    DerVerstand

    @ alle

     

    frauen im gefängnis .. unschuldige frauen ... wieso maschiert die NATO nicht in israel ein um den arabischen Frauen zu helfen und ihnen rechte zu bringen ... sowie es angeblich der grund in irak und afghanistan war ...

    achso stimmt ... da gibts kein öl und heroien zum verticken ...

     

    alles nur noch zum totlachen ... es gibt keine rechte...recht hat nur der macht hat ... und wer macht hat hat das geld um rechte zu seinem profit zu verbreiten...

     

    dieses ganze bla bla bla ist BILD - Niveau ...

  • L
    Lea

    also ich finde es schade, dass hier auf so niedrigem Niveau diskutiert wird, Poster werden persönlich beleidigt und Argumente beschimpft und als Schwachsinn verworfen...das ist nicht gerade ein produktiver Gedankenaustausch, oder? Schade, dachte ich bekomme hier mehr als BILD-Niveau!

  • F
    Flo

    @ Sue, Hans:

    Jap. Erdbeeren und Trauben aus Israel kann ich nur empfehlen...die schmecken verdammt lecker.

     

    @ end.the.schwachsinn:

    DU willst uns was über Menschenrechte??? Deine tollen Palifreunde begehen am Tag warscheinlich mehr Menschenrechtsverletzungen als Israel in 10 Jahren.

    Ich glaub weiter muss man auf deinen Post nicht eingehen...das ist die Zeit nicht wert die man dafür aufwenden würde...

     

    Destroy Hamas!

  • SH
    Sue, Hans

    So so ca 10000 Palästiner sind in Israelischen Lagern. Was für ein trauriges Israel Väter, Brüder, Söhne und Ehemänner eingesperrt zu halten.

     

    Kauft ihr noch Obst und Gemüse aus Israel?

  • A
    aso

    @ end.the.paliprop:

     

    „...Betreffend G. Shalit gilt, dass er als Helfershelfer an der mörderischen völkerrechtswidrigen Belagerung Gazas mitgewirkt hat...“:

     

    Vermutlich gab es einen Grund die Grenzen nach Gaza abzuriegeln:

    Vermutlich hatte Israel keine Lust mehr auf ständige Suizid-Attentäter, Anschläge, Raketen, Entführungen, etc.

    Vor solchen Kriegsverbrechen sollte man seine Zivilbevölkerung schützen, was also könnte daran völkerrechtswidrig sein?

     

    Die Entführung und Geiselnahme Gilad Shalits war aber in der Tat völkerrechtswidrig und die unbekannten Haftbedingungen ohne jegliche Kontakte und Lebenszeichen widersprechen ebenso sämtlichen Konventionen über die Behandlung von Gefangenen.

     

    Wie gut, daß das eine Terroroganisation nicht kümmern muß gell?

    Die Pali-Gefangenen in Israel haben es vergleichsweise gut, können sogar eine Ausbildung machen.

    Definieren Sie bitte die behaupteten Mißhandlungen und Folter inklusive Quelle...

     

    Es wird außerdem immer wieder vergessen, (oder bewußt unterschlagen?), daß das doch kein Problem sein sollte, da es noch die Grenze zum muslimischen Bruderstaat Ägypten gibt...

    Die sollte mal ausgiebiger genutzt werden, dann wäre Gaza kein Stück mehr auf Israel und dessen Grenze angewiesen....

  • D
    Domanistik

    @end.the.occupation:

     

    Was für ein von Blödscheiß triefender Beitrag, respekt!

  • E
    end.the.occupation

    >> ... kann man erfahren ...

     

    Nein, von Susanne Knaul werden Sie nie etwas über die Realität der unter israelischer Besatzung lebenden Menschen erfahren.

    Das ist nicht die Aufgabe von Frau Knaul. Die von ihr selbstgewählte Aufgabe besteht vielmehr darin die Erpressung, Freiheitsberaubung und schlichte Ausraubung der Palästinenser unter isr. Kontrolle zu vertuschen.

     

    Soweit mir per www bekannt, befanden sich unter den Frauen eine 15-jährige und eine Frau mit einem 20 Monate alten Säugling. Keine der Festgehaltenen hatte wesentlich wie mehr 12 Monate Haft vor sich.

     

    Bekannt ist weiterhin, dass tausende von Palästinensern ohne Prozess festgehalten werden oder die Prozesse gegen sie mit geheimen (!) Beweisen oder auf Basis von militärischen Rechtsverordnungen durchgeführt werden, die mit den hierzulande üblichen rechtsstaatlichen Anforderungen nicht in Einklang zu bringen sind.

    Von den üblichen Misshandlungen und der Anwendung von Folter mal ganz zu schweigen.

     

    Ich empfehle den Besuch der Seiten von Adalah wenn Sie mehr wissen wollen.

     

    Betreffend G. Shalit gilt, dass er als Helfershelfer an der mörderischen völkerrechtswidrigen Belagerung Gazas mitgewirkt hat. Shalit müsste daher - so wie die gesamte isr. Militärführung - vor den IGH gebracht und abgeurteilt werden.

     

    Bedauerlicherweise wirkt mittlerweile selbst der sich auf eine von den USA ausgebildete Miliz stützende, ohne parlamentarisches Mandat herrschende sog. pal. Präsident daran mit, das im israelischen Interesse zu verhindern.

  • I
    iBot

    Es gab sicher auch keine Gründe, Gilad Schalit jahrelang festzuhalten, aber im Sinne einer vollständigen Berichterstattung fände ich das tatsächlich auch eine interessante Information.

  • F
    Felicite

    @drusus

    Glauben Sie allen Ernstes, dass gerade die TAZ böswillig verschweigen würde, wenn die Palästinenserinnen ohne einen Grund in Israel in Haft säßen?

    Allein zu den Haftgründen für die jüngste Gefangene, eine 15-Jährige aus Ramallah, konnte man in unterschiedlichen Quellen einiges lesen und hören: sie hat einen israelischen Soldaten mit einem Messer angegriffen.

  • E
    Emil

    @drusus

    alle unschuldig natürlich, du weisst doch wie die

    Israelis sind.

     

    Who are the Palestinian prisoners freed for Shalit video?

    http://www.haaretz.com/hasen/spages/1117866.html

  • K
    KarstenD
  • L
    lilly

    Die meisten der Frauen waren wegen versuchten Mordes inhaftiert. Weitere Informationen hier:

    http://www.haaretz.com/hasen/spages/1117866.html

  • A
    anka

    Lieber drusus,

     

    du hast recht: ich befinde mich gerade zufällig in Jerusalem und habe die Kommentare über den Gefangenenaustausch in verschiednen Medien verfolgt. Während Sender wie Al Jazeera vor allem den Gesundheitszustand der freigelassenen Palästinenserinnen und ihre Zukkunft sowie die der nach wie vor inhaftierten Araber fokussieren, konzenmtrieren sich die israelischen und westlichen Medien fast ausschließlich auf das Video des gekidnappten Soldaten sowie die Handlungsoptionen Israels. Ausgewogene Berichterstattung? Fehlanzeige! Wie schade, dass sich die taz hier einreiht.

  • MA
    M. Aydemir

    Sie haben gegen die Besatzung ihre Lebensräume gekämpft.

  • E
    Eisvogel

    So erfreulich jede diplomatische Verständigung ist - über allem hängt weiterhin die Logik, daß ein Israeli hunderte Palästinenser wert ist.

     

    Im nächsten Krieg wird sich das wieder auf weniger freudvolle Weise zeigen.

  • P
    pekerst

    "Für ein Lebenszeichen auf Video des entführten Soldaten Gilad Schalit ließ Israel heute 20 Palästinenserinnen frei. Die Hamas will Schalits gegen hunderte Gefangene tauschen. VON SUSANNE KNAUL"

    Irgendwie putzig, dass der Mann in vier Zeilen gleich zwei Namen hat, "Schalit" und "Schalits".

  • D
    denninger

    "drusus", nur weil Du von einem Sachverhalt keine Kenntnis hast bedeutet das nicht dass dieser nicht existiert.

    Deine Spekulation ist, vorsichtig ausgedrückt, sehr tendenziell.

  • U
    Unbequemer

    @drusus

     

    Warum unterstellen Sie so ohne weiteres, daß Israel einfach so 20 Frauen eingesperrt hat? Haben Sie Anhaltspunkte? Oder sind Sie einfach ein IsraelhaSSer?

  • S
    Stefan

    Vielleicht sollte die EU als Bedingung für weitere Zahlungen an die Palästinenser die Freilassung von Gilad Schalid fordern. Aber diese finanziellen Zuwendungen stehen nicht zur Disposition, da wir ja bereits eine Gegenleistung dafür erhalten, wie das bei Schutzgeldern so üblich ist: UNSERE Ruhe.

  • L
    lilly

    Die meisten der Frauen waren wegen versuchten Mordes inhaftiert. Weitere Informationen hier:

    http://www.haaretz.com/hasen/spages/1117866.html

  • D
    drusus

    Warum kann man eigentlich nirgends erfahren warum die 20 Frauen von den Israelis eingesperrt waren? Gab es womöglich keine Gründe?