Farmville-Anbieter macht Verluste: Hoffen auf das Kasino
Der Online-Spieleanbieter Zynga hat erneut einen Millionenverlust gemacht. Nun sollen Glücksspiele wie Poker und Roulette die Firma retten.
SAN FRANCISCO dpa | Der „Farmville“-Anbieter Zynga setzt nach abermals roten Zahlen auf das Glücksspiel. Der Spezialist für Online-Games kündigte am Mittwoch Poker- und Kasino-Spiele wie Roulette oder Blackjack mit echtem Geld für den britischen Markt an. Sie sollen im ersten Halbjahr 2013 gestartet werden.
Das bisherige Kerngeschäft mit Simulationsspielen, in denen man virtuelle Bauernhöfe, Häuser oder Städte ausbauen kann, lief zuletzt weiter mau. Der Umsatz wuchs im dritten Quartal im Jahresvergleich nur noch um magere drei Prozent auf 316,6 Millionen Dollar, wie Zynga am Mittwoch nach US-Börsenschluss bekanntgab. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2012 sanken die Erlöse sogar um fünf Prozent.
Zynga spielte diesmal einen Verlust von 52,7 Millionen Dollar ein. Auslöser war die Abschreibung von 95,5 Millionen Dollar auf die im Frühjahr gekaufte Spielefirma OMGPOP. Zynga hatte sich den Entwickler des Spiels „Draw Something“, bei dem man Bilder erraten muss, im März auf dem Höhepunkt von dessen Erfolgsgeschichte geschnappt. Entsprechend hoch war der Preis mit 180 Millionen Dollar. Es wurde jedoch ein teurer Fehlkauf: Schon bis Ende des zweiten Quartals brach die Nutzerzahl von mehr als 14 auf 3,5 Millionen ein.
Zugleich fielen die Quartalszahlen etwas besser aus als von Zynga noch Anfang des Monats in Aussicht gestellt. Die Zynga-Aktionäre, die in den vergangenen Monaten mit ansehen mussten, wie sich ihre Investitionen in den vermeintlichen Börsenstar in Luft auflösten, sollen zusätzlich mit einem Aktienrückkauf im Wert von 200 Millionen Dollar besänftigt werden. Die Aktie legte nachbörslich um über 13 Prozent zu. Auch damit kostete sie allerdings erst gut 2,40 Dollar, während die Anleger beim Börsengang Ende vergangenen Jahres noch einen Ausgabepreis von 10 Dollar bezahlen mussten.
Virtuelle Güter verkaufen
Zynga war mit Simulationen auf der Facebook-Plattform wie etwa „Farmville“ oder „Cityville“ groß geworden. Dabei ist das Spielen an sich kostenlos und Zynga verdient Geld vor allem am Verkauf virtueller Güter wie Traktoren, Saat, Häuser oder Möbel. Der Anteil zahlender Spieler war traditionell niedrig – der Zustrom neuer Nutzer reichte anfangs aber für ein schnelles Geschäftswachstum aus.
Zuletzt gaben jedoch lediglich 3 Millionen Kunden Geld bei Zynga aus – nach 4,1 Millionen noch im zweiten Quartal. Dabei kam die Firma auf insgesamt 311 Millionen aktive Nutzer im Monatsdurchschnitt, 37 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Zynga-Gründer Mark Pincus ließ schon mehrfach durchblicken, dass er eine Zukunft im Glücksspiel-Geschäft sieht. Erst am Dienstag kündigte Zynga den Abbau von rund 150 Stellen an – rund fünf Prozent der Belegschaft. Mehrere Spiele werden aufgegeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin