Fans kritisieren Hannover 96: Gesinnungscheck bei Neumitgliedern?
Hannover 96 führt mit Interessenten persönliche Gespräche, bevor sie in den Verein eintreten dürfen. Die Initiative Pro Verein vermutet einen Gesinnungscheck.
Die 96-Mitglieder sind tief gespalten. Auf der einen Seite die, die Klubchef Martin Kind unterstützen. Und auf der anderen Seite die, die Kind den Ausverkauf des Vereins vorwerfen. Wie emotional die Stimmung ist, wenn die beiden Lager sich gegenüberstehen, ist auf den jährlichen Mitgliederversammlungen zu beobachten.
Im Kern dreht sich der Streit darum, dass Kind die sogenannte 50+1-Regelung aufheben möchte. Die besagt, dass mindestens 51 Prozent der Anteile an der Profifußballsparte beim Verein liegen. Die Mitglieder können dann mitbestimmen. Kind will den Profifußball aber weiter für Investoren öffnen, um, wie er sagt, die finanzielle Zukunft des Klubs zu sichern.
Im vergangenen Jahr lehnte Hannover 96 auf einen Schlag 119 Mitgliedsanträge ab. Der Verdacht der Fans war, dass die Vereinsführung verhindern wollte, dass die kritische Opposition unter den Mitgliedern wächst. 96 nannte keine Gründe. „Es ist ein gemeinnütziger Verein, da darf eigentlich jeder Mitglied werden“, sagt Krakau. Viele Hannover-Fans wollten, seitdem die Fronten durch das Thema 50+1 verhärtet seien, selbst mitbestimmen, in welche Richtung sich ihr Fußballverein entwickelt.
Die 50+1-Frage
Nach der Ablehnung der Mitgliedsanträge habe der Verein begonnen, mit Menschen, die in den Verein eintreten wollten, persönliche Gespräche zu führen. Überwiegend seien die Interessenten zwar aufgenommen worden, sagt Krakau. „Die Frage ist aber, nach was für Kriterien da entschieden wird.“
Eine langjährige Dauerkartenbesitzerin, die anonym bleiben möchte, versucht seit eineinhalb Jahren Mitglied zu werden. Bei dem 15-minütigen Gespräch, das der Verein kürzlich mit ihr führte, sei sie beiläufig gefragt worden, wie sie zur 50+1-Regel und der Ultraszene stehe. „Ich habe mich geprüft gefühlt“, sagt sie.
Außerordentliche Mitgliederversammlung
Der Verein weist den Vorwurf eines Gesinnungschecks zurück. „Hannover 96 hat in den vergangenen Monaten einen deutlichen Mitgliederzuwachs, der uns freut“, heißt es aus der Presseabteilung. „Mit einigen wenigen der zahlreichen Antragsteller führen die Abteilungsleiter, die satzungsgemäß für die Aufnahme zuständig sind, Gespräche.“ Ziel sei es, von künftigen Mitgliedern zu erfahren, was ihnen im Verein wichtig ist, und ihnen zudem die Arbeit in den Abteilungen vorzustellen. „Einen Zusammenhang mit der 50+1-Thematik gibt es überhaupt nicht“, so der Sprecher.
Krakau zweifelt daran, auch wegen der aktuellen Entwicklungen: Pro Verein will eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Sie brauchen dafür knapp über tausend Stimmen von Vereinsmitgliedern. Ihr Ziel ist es, drei der fünf Aufsichtsratsmitglieder des Vereins abzuwählen. „Sie kontrollieren den Vorstand nicht kritisch genug“, erklärt Krakau. Er ist optimistisch, dass die Initiative bald genügend Unterschriften zusammen habe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!