Familientrennung an der US-Grenze: Schon lange Standard

Die Familientrennungen lösten einen Proteststurm aus. Nun wird bekannt, dass wohl weitaus mehr Kinder von ihren Eltern getrennt wurden als bisher bekannt.

Demonstranten mit Plakaten

Protest gegen Donald Trumps Einwanderungspolitik Foto: dpa

WASHINGTON ap | An der US-Grenze zu Mexiko haben Beamte womöglich weitaus mehr Kinder von ihren illegal eingereisten Eltern getrennt als bisher angenommen. Die Regierung von Präsident Donald Trump habe die Zahl betroffener Minderjähriger in Gerichtsdokumenten mit 2.737 angegeben, doch seien es nach Schätzungen von Personal im Gesundheits- und Sozialministerium wohl Tausende mehr, schrieb Ann Maxwell, Vize-Generalinspekteurin in der Aufsichtsbehörde OIG (Office of Inspector General), in einem am Donnerstag veröffentlichten Report. Wie viele Kinder es genau seien, sei allerdings unklar.

Nach einer international scharf kritisierten „Null-Toleranz“-Politik der Trump-Regierung wurden beim illegalen Grenzübertritt erwischte Migrantenfamilien im Frühling 2018 konsequent getrennt: Eltern kamen in Gewahrsam, deren Kinder kamen in staatliche Einrichtungen. Die Praxis gab Trump nach massivem Druck schließlich per Dekret auf, ein Richter ordnete die Zusammenführung der Familien an.

Dass die genaue Zahl der getrennten Kinder unbekannt ist, hat mehrere Gründe. Bis zur richterliche Anordnung hatte das für deren Versorgung zuständige Gesundheits- und Sozialministerium laut dem Report von Maxwell nicht lückenlos zurückverfolgt, wie viele Minderjährige von ihren Eltern entzweit wurden.

Beamte der Einwanderungsbehörden seien zudem nach bereits bestehenden Richtlinien befugt, unter bestimmten Umständen Familien zu trennen, etwa bei ernsten Anschuldigungen gegen ein Elternteil, Sorge um das Kindeswohl oder Gesundheitsbedenken. Dieses Vorgehen sei schon lange vor der „Null-Toleranz-Politik forciert worden, schrieb Maxwell.

Viele der Zehntausenden Kinder, die in staatlicher Obhut landeten, kämen zwar allein über die Grenze. Doch fand die Aufsichtsbehörde heraus, dass Ende 2016 0,3 Prozent der Minderjährigen, die an das Gesundheits- und Sozialministerium übergeben wurden, mit einem Elternteil einreisten und getrennt wurden. Bis zum Sommer 2017 stieg der Anteil auf 3,6 Prozent, wie Beamte mitteilten. Zwar nannte die Aufsichtsbehörde keine genauen Zahlen. Doch lag die Gesamtzahl der Migrantenkinder, die im Finanzjahr 2017 die Betreuung des zuständigen Ministeriums durchliefen, bei 40. 810.

Schon vor „Null-Toleranz-Politik“

Weshalb die Kinder vor Umsetzung der „Null-Toleranz-Politik“ von ihren Eltern getrennt wurden, erklärte Maxwell nicht. Eine Sprecherin des Heimatschutzministeriums, Katie Waldman, betonte indes, dass der Report nur etwas verdeutliche, was Behördenvertreter seit langem betonten. „Seit mehr als einem Jahrzehnt war und bleibt es Standard, dass aufgegriffene Minderjährige getrennt werden, wenn der Erwachsene nicht das Elternteil oder der gesetzliche Vormund ist, die Sicherheit des Kindes bedroht ist oder Hinweise auf ernste kriminelle Aktivitäten des Erwachsenen vorliegen“, sagte sie.

In einigen Fällen, so die Aufsichtsbehörde, hätten Heimatschutzbeamte aber eine kriminelle Vergangenheit eines Elternteils gemeldet, aber keine Details genannt.

Lee Gelernt von der Bürgerrechtsgruppe „American Civil Liberties Union“ (ACLU) bezeichnete die Politik der Trennung von Migrantenfamilien als ein „von Anfang an grausames Desaster.“ Der Bericht bestätige einmal mehr, dass die Regierung „nie ein klares Bild über die Zahl der Kinder hatte, die sie ihren Eltern entrissen haben“.

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