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FamilienpolitikFDP will Gutscheine statt Kindergeld

Kaum wurde das Kindergeld leicht erhöht, da debattiert die FDP schon wieder über dessen Sinn. Ihre Gutscheinidee nennt die Union "unverschämt", der Kinderschutzbund ist empört.

Die Grünen erwarten jetzt von der FDP, dass sie sich vielmehr für den Ausbau der Kinderbetreuung einsetzt. Bild: ap

BERLIN taz/dpa | Die FDP will bei der nächsten Kindergelderhöhung Gutscheine statt Bargeld ausgeben. Zumindest fordert Vizeparteivorsitzende Cornelia Pieper laut Bild, dass das Kindergeld "direkt beim Kind ankommen" müsse. Laut Pieper sollen Eltern die Gutscheine direkt in der Kita einlösen können, aber auch in Musik- oder Sportvereinen.

Das Kindergeld wurde gerade erst erhöht: Seit dem 1. Januar gibt es für das erste und zweite Kind 184 Euro, für das dritte 190 Euro und jedes weitere jeweils 215 Euro. Wann die nächste Anhebung erfolgt, ist unklar, spätestens jedoch bis 2013.

Mit dem aktuellen Vorstoß scheint ein neuer Streit zwischen Union und FDP in Sachen Bezahlung der Kinderbetreuung unausweichlich. "Das Kindergeld hat sich bewährt", sagt Dorothee Bär, familienpolitische Sprecherin der CSU: "Das Geld ist für den täglichen Bedarf da. Es ist eine Unverschämtheit, wie Eltern die Kompetenz für Kindererziehung zum wiederholten Male von der FDP abgesprochen wird." Seit Monaten debattieren die Koalitionspartner darüber, wie das ab 2013 geplante Betreuungsgeld gewährleistet werden soll: als Barauszahlung oder über Betreuungsgutscheine.

Auch Opposition und Familienexperten lehnen eine Gutscheinvariante beim Kindergeld ab. Der Vorschlag "ist nicht durchdacht und komplett unsinnig", sagt Caren Marks, frauenpolitische Sprecherin der SPD. "Man kann die FDP nicht mehr ernst nehmen."

Als "Ablenkungsmanöver" bezeichnet die Grüne Katja Dörner die Idee. "Wir erwarten von der FDP, dass sie sich mit Nachdruck für den Ausbau der Kinderbetreuung einsetzt", sagt die familienpolitische Sprecherin. Ab 2013 soll es einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unter Dreijährige geben.

Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers wies den Vorstoß "mit Abscheu und Empörung" zurück. "Das ist ein ungeheuerlicher Generalverdacht gegen die Eltern", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Dienstag. Und auch der Deutsche Familienverband bezeichnete die Anregung als "tiefen Griff in eine längst verstaubte Mottenkiste". Bereits seit Jahren habe der Sozialstaat davon Abstand genommen, "statt guter Scheine Gutscheine zu verteilen", erklärte Geschäftsführer Siegfried Stresing.

Weder Bildungsgutscheine noch eine Erhöhung des Kindergeldes seien eine echte Alternative, sondern ein "Abbau ökonomischer Barrieren bei der Kinderbetreuung", sagt Anette Stein. Damit meint die Leiterin des Forschungsprogramms "Wirksame Bildungsinvestitionen" der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh, dass es für sozial benachteiligte Eltern in jedem Fall eine Chance geben müsse, ihre Kinder in eine Kita zu bringen. "Auch dort, wo Kitakosten vom Staat übernommen werden, scheitern arme Eltern beispielsweise daran, dass sie Kitaausflüge nicht bezahlen können und ihre Kinder dadurch ausgeschlossen werden", sagt Anette Stein.

Die Bertelsmann-Stiftung hat gerade eine Studie veröffentlicht, derzufolge Kinder mit Migrationshintergrund noch zu selten Kitas besuchen und damit keinen Zugang zu frühkindlicher Bildung haben.

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21 Kommentare

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  • J
    jens

    das ist doch eine frechheit von der fdp.da sehen aber mal ihre wähler,was es bringt so eine partei zu wählen.

    kopfschüttel

  • T
    TheSelf

    Es ist hatl so wie es immer war. Ich kann mich nicht Erinnern das es jemals eine Zeit gab wo solange "Frieden" und "Wohlstand" herrschte. Zumindest bei uns.

     

    Aber unsere Politiker und Herrscher sind und waren es doch die Afrika dort hin brachten wo es jetzt ist. Machtmenschen sind keine Menschen mit Empatie und sozialer Denkweise. Die holen sich das was sie wollen da wo es was zu holen gibt. Wo gibt es das den Heute noch?

     

    Es braucht offensichtlich wieder Butalität und Chaos, woraus sich dann möglicherweise was positives Entwickeln kann.

    Warum müssen wir Menschen immer Konkurrieren ob als Einzelner, Gemeinschaft, Volk, Nation...?

    Immer vorwärts, vorwärts, Leistung, Leistung,

    Wir behaupten von uns wir sind Menschen, also keine Tiere, wir sind überlegen, das Oberste der Evolution. Trotzdem gilt in unserer Welt immer noch das Gesetz des stärkerenskrupeloseren. Was unterscheidet uns da noch vom Tier?

  • A
    Amos

    Weiter so, ihr Volkshasser von der FDP! Ihr machtbesessenen Dummköpfe. Ihr werdet an eurem eigenen Chauvinismus zu Grunde gehen-, hoffentlich mit der CDU in einem Boot. Wer solche abartigen Entschlüsse fasst, muss doch die "Heteros" und damit

    auch dessen Kinder hassen; sonst ist das nicht zu

    verstehen...Eine Diskriminierung für alle die Kinder

    für diese Plutokratie groß ziehen.

  • V
    vic

    @ melchi

    Es heißt ja immer "die reichsten 10 Prozent"

    Mir scheint, es sind eher 15 Prozent.

    Oder warum sollte sonst jemand FDP wählen.

    Andererseits, warum sollten ca 35 Prozent CDU wählen?

    Ich versteh das alles nicht...

  • DN
    Dr. No

    Gutscheine statt Kindergeld? Ich würde sagen die Idee ist ausbaufähig. Sämtliche Bankerboni, Ministerialzulagen, etc. etc. werden in Zukunft in Form von Theater- und Opernkarten ausbezahlt. So könnten die Nieten in Nadelstreifen die Kohle nicht verhuren wie Silvio B. aus R. sondern ihre klassische Bildung vertiefen. Alternativ gäbe es Gutscheine für die letzte Gesamtausgabe von Kindlers Literaturlexikon, damit unsere Leistungsträger wieder was zum tragen haben und wir nicht so viel ertragen müssen.

  • VE
    von einer Mutter

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    Warum fordert Frau Pieper nur Gutscheine für Mittelschichteltern? Ich habe viel mehr Angst um die Zukunft in Deutschland, und fordere deshalb erstmal die nächste Diätenerhöhung für die FDP-Politikerinnen und Politiker in Gutscheine für Allgemeine Bildung in Etik und Moral auszubezahlen, vielleicht erkennt dann manches Mitlgied dieser Partei, dass der von der FDP praktizierte Lobbyismus das Ende der gesellschaftlichen Gemeinschaft bedeutet.

  • M
    melchi

    Wie sagte Herr Küppersbusch so treffend? "15 Prozent für die FDP müssen ja für irgendwas schlecht sein."

     

    Ich frage mich, was das F im Parteinamen zu bedeuten hat. Die FDP will doch Freiheit bloß für diejenigen, die sowieso schon das höchste Maß an Freiheit genießen. Die, die keine "Leistungsträger" im Sinne der FDP sind, dürfen schikaniert werden.

  • M
    Marco

    Diese Forderung der FDP bzw. der Frau Pieper zeigt, dass sie sich nicht mit dem eigentlichen Zweck des Kindergeldes auseinander gesetzt hat. Das Kindergeld begründet sich darin, dass Steuerpflichtige mit Kindern gegenüber Steuerpflichtigen ohne Kindern nicht benachteiligt sein dürfen. Daher wird bei Steuerpflichtigen mit Kindern das Existensminimun und ein Betreuungsaufwand für die Kinder steuerlich berücksichtigt. Das Ganze wird in Summe als Kinderfreibetrag bezeichnet und dieser liegt seit 2010 bei 7.008 EUR für Ehepaare. Besserverdiener erreichen durch diesen Kinderfreibetrag sogar monatliche Steuereinsparungen von über 200 EUR. Rein rechnerisch profitieren Geringverdiener kaum von diesem Steuervorteil. Daher gibt es parallel zum Kinderfreibetrag das Kindergeld.

     

    Wollte die FDP jetzt das Kindergeld in Gutscheinen ausbezahlen, dürften die Besserverdiener den Kinderfreibetrag nicht mehr nutzen und müssten statt dessen ebenfalls Gutscheine bekommen. Alles andere wäre verfassungswidrig!

     

    Als sogenannte Partei der Besserverdiener würde die FDP damit viele ihrer Wähler verlieren. Leider ist die Dummheit mancher Politiker anscheinend noch kein Grund, sich von ihnen abzuwenden.

  • K
    Kamu

    Kindergeld bringt gar nichts. Es ist allgemein bekannt, dass der Schlüssel zu einer verbesserten frühkindlichen Bildung im Ausbau kostenfreier Betreuungsangebote liegt.

    Geld bringt wenig, ob versoffen oder in Prinzessin Lillifee investiert...

    Gutscheine sind besser als Geld, aber schlechter als Betreuungsangebote.

    Insofern sehe ich den Vorschlag als Schritt in die richtige Richtung.

  • M
    Mama

    Die FPD will tatsächlich, dass das Kindergeld zweckgebunden eingesetzt wird und dies durch die Zuteilung von Kindergeldgutscheinen erreichen? Dann sollten wir, die Steuerzahler, demnächst Gutscheine zuteilen, damit unsere Gelder wie Steuern, Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung ebenfalls zweckgebunden eingesetzt werden müssen. Dann gäbe es endlich weniger arme Familien in diesem ach so kinderfreundlichen Land und es muss nicht darüber gegrübelt werden, ob das Kindergeld versoffen oder in einen Fernseher investiert werden soll

  • S
    Student

    Ich finde die Idee auch nicht gut!

    Was soll ich als Student mit Gutscheinen??? Wofür? für meine Miete? na da freut sich mein Vermieter, wenn ich ihm zukünftig einen Gutschein in die Hand drücke!

  • J
    Jupp

    Liebe FDP, wie war das noch mal mit dem Bürokratieabbau?

    Und wie war das noch mal mit dem Liberalismus? Mit der freien Entscheidung von freien Individuen?

     

    Hmm...

  • A
    Ante

    Ich bin auch Mutter um mehr Kindergeld hab ich nie gebeten. Dieses Land hat genug Schulden wenn wir schon mehr Schulden machen wollen (!) dann doch wenigstens für was sinnvolles.

    Statt Gutscheine zu verteilen kann man das Geld doch gleich sinnvoll in Kitas und ähnliches stecken.

    Die Kinder kommen in diesem Land schon kurz genug und die Eltern sind nur der geringste grund dafür

  • M
    Majo

    Mit ihren kreativen Ideen, wie wollen wir ein neues unmündiges Proletariat zementieren oder doch lieber anders oder doch nicht ? weil die lachenden Erben dann keine steuerlich absetzbare Viertwohnung erwerben können und die Kommunen eh pleite sind, sendet die FDP schwache frühkapitalistische Signale a la Krupp & Co. KG. aber bitte mit beschränkter Haftung und Sahnehäubchen obendrauf.

  • A
    Astor

    Hartz IV EmpfängerInnen bekommen dann für jedes Kind 20 EURO weniger augezahlt, aber dafür einen Gutschein.

    Diejenigen, die über 100000 EURO Jahreseinkommen haben, wählen den Steuerfreibetrag für Kinder. Die daraus resultierende Steuererleichterung wird dann garantiert nicht als Gutschein ausgezahlt.

    Da man ja frei wählen kann ob man Kindergeld oder Steuerfreibetrag in Anspruch nehmen möchte, würde ich als Hartz IV EmpfängerIn den Steuerfreibetrag wählen, dann wird wenigstens nicht abgezogen.

  • N
    Nadi

    Der FDP geht es um eine Diskreditierung von Familien, die hohe Kindergeldbezüge haben. Damit da nicht auf diesem Wege Geld in deren Kasse fließt, wird suggeriert, dass die das Geld ohnehin zweckentfremden würden. Irgendeine Form von Beleg gibt es hier (und auch sonst) nicht - aber die mediale Wirkung ist garantiert. Die FDP wird in den nächsten Jahren von der Realität entzaubert - so sehe ich das. Und das sind keine Almosen, sondern jeder bezahlt dafür in Form von Steuern und Abgaben.

  • M
    Mathilda

    Gutscheine? Bargeld? Was soll der Quatsch?!

     

    Wir sollten von unseren Nachbarn lernen - Ab einer Altersgrenze wie z.b. 2 jahre sollten alle Kinder in den Kindergarten (Kita) ohne Zuzahlung.

     

    Das machen unseren Niederländischen Nachbarn bereits seit Jahrzenten - sehr erfolgreich - sowohl in Bereichen der präventiven Vorsorge (verhaltensauffällige vernachlässigte mißhandelte Kinder etc.) als auch in Bereichen der Immigratition (Frühkindliche Spracherziehung etc.) Somit ist sichergestellt das das Geld beim Kind ankommt - und ein System das auf "Kinder bekommen" ausgelegt ist greift dort wo es nötig ist. Parallel bietet es den Müttern eine verläßliche Versorgung und somit die Möglichkeit Arbeiten zu können und das OHNE das erarbeitete Einkommen umgehend wieder in die Versorgung des Sprösslings zu stecken (weil eine Erhöhung des Kindergeldes zieht in der Regel ja umgehend Erhöhung des Kitaplätze nach und ist damit eh hinfällig)

  • P
    P.Haller

    Ich würde mal vorschlagen generell anstatt von Gehalt o.ä. Gutscheine auszustellen, dann brauch ich mir nicht mehr überlegen, wo ich meinen Frass, meine Klamotten usw. herbekomme, das übernimmt dan schon irgendein Amt.

    Also einen 10er-Block für ALDI einen für IKEA usw.

     

    Und wer es nicht im Griff hat, das Geld nicht zu versaufen, der oder die sollte doch gleich beim Vormundschaftsgericht vortellig werden !!

    Die kümmern sich dann schon !

  • V
    Vater

    Liebe FDP!

    Tolle Idee - bitte denkt doch auch an meine schon etwas älteren Kinder. Sie würden sich tierisch über Gutscheine für Schnaps, Kondome oder die Pille freuen.

  • J
    Julia

    Ich als Mutter finde die Idee sehr gut, denn die Gefahr, dass das Geld versoffen wird, oder in ein Flachbildschirm Fernseher investiert wird, die Gefahr ist sehr hoch. Gutscheine garantieren, dass das Geld wirklich bei den Kindern ankommt.

  • A
    Agila

    Eine Scheindiskussion ohnes gleichen!

     

    Von der sogenannten Kindergelderhöhung zum 01.01.2010 haben bedürftige nichts, da es ihnen bei AlgII und H4 auf den Cent wieder abgezogen wird!

     

    Und die Diskussion um Gutscheine oder nicht, ist da nur wieder Makulatur, die an der Sache selbst vorbeiführt! Zudem müssten die Damen und Herren, die meist selbst Juristen sind wissen, dass bereits in anderen Bereichen deutsche Gerichte hinsichtlich Datenschutzrechtlichen Punkten bereits Bedenken geäußert haben!