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Familie und Job35 Stunden für Mutti und Vati

Union und Wirtschaftsverbände wollen, dass Eltern gleichermaßen reduziert arbeiten. Noch im Januar hatten sie dies abgelehnt.

Wenn beide 35 Stunden arbeiten, bleibt noch Zeit zum Spielen Bild: dpa

BERLIN taz | 35 Stunden für beide, für Mutter und Vater. So stellt sich das Eric Schweitzer vor. Der Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) rechnet eine reduzierte Arbeitswoche für beide Eltern im Streitgespräch mit Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) in der Allgemeinen Sonntagszeitung vor: „Wenn man es sinnvoll organisiert, dann könnte der eine auf 35 Stunden reduzieren und der andere 35 Stunden aufstocken. In der Summe ist das immer noch mehr, als wenn der Mann 40 Stunden arbeitet und die Frau nur halbtags.“

Warum will der DIHK-Chef, dass Frauen mehr und Männer weniger arbeiten? Ganz einfach: Schweitzer fürchtet den drohenden Arbeits- und Fachkräftemangel. „Durch die Demografie werden uns künftig Millionen Arbeitskräfte fehlen.“

Schweitzer findet im Streitgespräch die Zustimmung der Familienministerin. Die hatte im Januar selbst eine „Familienarbeitszeit“ vorgeschlagen: 32 Stunden in der Woche jeweils für Mutter und Vater. Damals war Schwesig bei der Union und vor allem bei der Kanzlerin abgeblitzt. Angela Merkel hatte über ihren Sprecher Steffen Seibert mitteilen lassen: „Ministerin Schwesig hat da einen persönlichen Debattenbeitrag gemacht.“

Allerdings hatte Schwesig damals Männer, die ihre Stundenzahl reduzieren, mit vollem Lohnausgleich entschädigen wollen. Das Geld sollte aus Steuermitteln kommen. Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge hätte das rund 140 Millionen Euro gekostet. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, bezeichnete seinerzeit einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnausgleich bei verkürzter Arbeitszeit als „Angriff auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“.

Jetzt trifft der DIHK-Vorschlag in der Union auf Zustimmung. Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, findet es „eine gute Idee, Mütter und Väter zu einer ausgeglicheneren Verteilung zwischen Erwerbsarbeit und Familienarbeit zu motivieren“. Ähnlich argumentiert Karl-Josef Laumann, im Gesundheitsministerium für Patienten und Pflege zuständig: Wenn die Wirtschaft Fachkräfte brauche, dann müsse sie sich eben nach den Bedürfnissen von Familien richten.

Das genau findet jedoch laut einer aktuellen Studie der Managementberatung A.T. Kearney nicht statt: Danach gaben nur acht Prozent der Beschäftigten an, dass ihr Unternehmen in der jüngsten Vergangenheit familienfreundlicher geworden sei.

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2 Kommentare

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  • Wenn die Frau auf einer eigenen Erwerbsbiographie besteht, dann kommt es zu Problemen und Konflikten zuhause, denn reduzierte Stundenzahlen und vermindertes Engagement beim Job sind schnell das Ende der Karriere oder verpassen ihm/ihr einen satten Dämpfer, der Jahre nachwirkt.

    Um überhaupt solche Modelle leben zu können, muss ein paar ungekündigt in einem guten Job bei einer guten Firma sein. Bei Kleinstbetrieben läuft das z.B. sowieso nicht, bei Niedrigverdienern auch nicht. Bei Teilzeit ist alles in Butter, aber die Menschen werden meist als Rentner auf Hartz angewiesen sein.

  • Diesen Schmonzens hier vom DIHT "Arbeitskräftemangel" glaubt ernsthaft noch jemand? Ein Blick auf den Arbeitsmarkt zeigt, daß es dort ein massives Überangebot an Abeitskräften mit stagnierenden oder sogar fallenden Löhnen gibt.

    Der Feminismus, der so gerne die Unabhängkeit der Frau vom Mann propagiert, ist hier eine üble Allianz mit der Wirtschaft eingegangen, die liebend gerne den Lohnabbau fortsetzen würden. Das es, rein logisch betrachtet, völlig idiotisch ist, Männer und Frauen auf dem Arbeitsmarkt gegeneinander auszuspielen, merkt kaum noch jemand.