■ NRW-Verfassungsschutz observiert „Junge Freiheit“: Falsches Kaliber
Das verspricht amüsant zu werden: „Namhafte Juristen“ wollen den nordrhein-westfälischen Innenminister Franz-Josef Kniola (SPD) verklagen. Das hat das dortige Landesamt für Verfassungsschutz herausgefunden. Der Auftraggeber für die angeblich bevorstehende Klage ist die Zeitschrift Junge Freiheit, das Leib- und Magenblatt der sogenannten „Neuen Rechten“. Die beschweren sich, daß der Minister ihnen Positionen bescheinigte, „die mit der Verfassungsordnung nicht übereinstimmen“.
Wenn das kein verspäteter Aprilscherz ist: Die jungfreiheitlichen Salonfaschisten wollen sich von einem deutschen Gericht bescheinigen lassen, daß sie auch schön brav auf dem Boden der demokratischen Grundordnung stünden? Man braucht, um sich eines Besseren belehren zu lassen, nur die Junge Freiheit zu lesen. Und wer will das schon. Man kann die armen Richter, denen das bevorsteht, nur bedauern.
Natürlich findet man in der Postille weder Aufrufe zu Straftaten noch Anleitungen zum Bombenbau. „Neu“ an dieser Variante der Rechten ist nicht der Inhalt, sondern die Verpackung. Statt „Rasse“ sagt der moderne Rassist jetzt „Ethnie“. Und wer das „weiße Europa“ vor dem neuen Mongolensturm retten will, der trägt heute nicht Glatze, sondern Krawatte.
Die Verfassungsschützer in NRW gelten, anders als viele ihrer Kollegen, als Profis. Sie beobachten auch die „Neue Rechte“ samt deren Zentralorgan. Innenminister Kniola spekuliert darüber, wer die chronisch klamme Junge Freiheit denn finanziere: Von der geringen Auflage ließen sich die teueren Büroräume nicht bezahlen. Ihm kommt das „konspirativ“ vor.
Doch ob man da nicht mit Kanonen auf Spatzen schießt? Wenn CDU-Politiker wie Heinrich Lummer und Exgrüne wie Wolfgang Templin in der Jungen Freiheit ausführlich mit nationalistischem Getöse zu Wort kommen, wundert es nicht, daß es auch Finanziers gibt. Vielleicht fragt man zum Beispiel bei der Carl-Friedrich-Siemens-Stiftung in München nach. Die wurde von Armin Mohler geleitet, dem Nestor der „neuen“ Faschisten. Auf den beruft sich die Junge Freiheit. Oder man erkundigt sich bei Klaus Töpfer und Peter Glotz. Die haben dort schon referiert. Vielleicht kennen die die heimlichen Finanziers. Auf so einfache Dinge kommen Verfassungsschützer natürlich nicht. Burkhard Schröder
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen