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Falsche Annahmen in SchwedenEndlager verrostet

Kupfer-Ummantelungen für abgebrannte Brennstäbe taugen nicht zur Endlagerung, haben Wissenschaftler herausgefunden. Nicht einmal tausend Jahre bliebe das Metall dicht.

Kupfer rostet schneller als erwartet. Bild: Hanna alias hanZ - Lizenz: CC-BY-ND

STOCKHOLM taz | Das schwedische Atommüllendlagerkonzept wackelt. Es beruht auf falschen naturwissenschaftlichen Annahmen, meinen Forscher der Technischen Hochschule (KTH) in Stockholm. Die vorgesehene Lagerung der abgebrannten Brennelemente in Kupferkapseln sei alles andere als sicher.

Schweden galt bislang als das Land mit den am weitesten vorangeschrittenen Atommüllplänen. Im Sommer hatte sich die Regierung darauf festgelegt, dass in der Nähe des Atomkraftwerks Forsmark bis zum Jahr 2022 ein unterirdisches Endlager für hochradioaktiven Atommüll entstehen soll. Den will man in 6.000 je 5 Meter lange Kupferkapseln mit 5 Zentimeter dicken Wänden einschweißen. Die Schächte sollen mit Tonerde verfüllt werden. So soll der Strahlenmüll 100.000 Jahre lang sicher aufgehoben sein.

Nun haben Wissenschaftler an der KTH herausgefunden, dass Kupfer auch in sauerstofffreier Umgebung rosten kann. Sie verweisen sowohl auf Laborversuche mit Langzeitstudien von Kupferfolien als auch auf eine Analyse von Kupfermünzen, die mit dem Kriegsschiff "Wasa" vor über 300 Jahren untergegangen waren und in einem Sediment aus sauerstofffreiem Lehm auf dem Meeresboden gelegen hatten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Schächte sicher vor Grund- und auch Salzwasser wären, das in Folge des steigenden Meeresspiegels eindringen könnte, wären die Kupferkapseln also Korrosion ausgesetzt.

Peter Szakalos, KTH-Projektleiter für Metallkorrosion, glaubt, dass sie nicht einmal 1.000 Jahre dicht bleiben. "Sollen sie 100.000 Jahre halten, müssten die Wände statt 5 Zentimeter 5 Meter dick sein." Bereits die jetzigen Kapseln wiegen jedoch jeweils 8 Tonnen.

Die von den Atomkonzernen Vattenfall, Eon & Co betriebene Atommüll-Gesellschaft Svensk Kärnbränslehantering hält daran fest, dass Kupfer nach bisherigen Erkenntnissen ohne Sauerstoff nicht roste. "Dann sollen sie das beweisen", fordert Szakalos.

Schwedens Atomwirtschaft hatte sich bereits Mitte der Achtzigerjahre auf das unerprobte Lagerkonzept in Kupferkapseln festgelegt und aus Kostengründen keine Alternativmethoden erforscht. Die Theorie der Kupferkorrosion müsse jetzt gründlich untersucht werden, sagt Willis Forsling, Mitglied des staatlichen Kernabfallrats: "Sonst kippt die zentrale Voraussetzung für das gesamte Konzept."

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5 Kommentare

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  • E
    erstdenken

    Tja, man sollte also besser Gold nehmen....mhmm, ja!?

     

    Da werden in diesem Artikel schon so viele schöne Zahlen genannt und dann sowas... Also ein 5 m Zylinder mit 5 cm Wanddicke in Gold würde grob überschlagen schon mehr als 34 t wiegen. Rechnet man das mal auf 6000 Zylinder hoch, würde man also mehr als 200 000 t (!) Gold brauchen. Glauben wir mal wikipedia sind in der gesamten Menschheitsgeschichte bisher aber nicht mehr als 155 000 t gefördert worden. Möglicherweise ist dies auch ein Grund, warum die Schweden aus der hinteren Reihe noch nicht auf diese höchstfortschrittliche Idee gekommen sind.

  • N
    Niko

    Man sollte besser Gold nehmen. Gold korrodiert nicht. Vielleicht ist es auch hundertprozentig dicht.

    In jedem Fall würden wir damit beweisen, wieviel uns der Schutz unserer Nachfahren vor den Hinterlassenschaften unserer unbekümmert energiehungrigen Gesellschaft ist.

  • ND
    Niko der 2.

    @Gultimore

    Stimmt aber nachdem die im Sediment waren haben die keinen Sauerstoff mehr abbekommen.

    Und das Kupfer für die Lagerung bekommt ja auch erst mal Sauerstoff hab bis es dann mit Lehm zugeschüttet wird

  • N
    Niko

    Wahnsinn. Um wie viel hätte man und könnte man gegenwärtig die alternativen Energien mit dem Geld fördern, das in diese Forschung geht.

     

    Das fortschrittliche Schweden steht in dieser Frage genau wie alle anderen ganz hinten in der Reihe.

  • G
    Gultimore

    Ich verstehe das Argument mit den Münzen nicht. Wenn die Wasa gesunken ist, müssen die Münzen ja mit dem Salzwasser in Berührung gekommen sein und wurden daher nicht Sauerstoff frei ins Sediment eingelagert und dann eingeschlossen.