Fall in Sachsen: Entführer wegen Mordes verurteilt
Zwei Männer hatten in Sachsen ein 17-jähriges Mädchen entführt und ermordet. Nun erhielten sie eine lange Haftstrafe.
Markus B. ist bereits vorbestraft und hatte unter anderem versucht, vom Lidl-Konzern Geld zu erpressen. In der Urteilsbegründung wird er als ein haltloser Mensch ohne Ausbildung beschrieben, der über seine Verhältnisse zu leben versuchte und sich und andere täuschte. Im Raum Dresden hatte er 2015 den einsam lebenden Norbert K. kennengelernt. Beide planten im August 2015 eine Entführung der Tochter Anneli-Marie des mittelständischen Unternehmers R. Sie lauerten ihr bei einem Spaziergang auf und verschleppten sie.
Der Vater beschaffte die geforderten 1,2 Millionen Euro Lösegeld bereits. Dennoch wurde Anneli am 14. August 2015 durch Kabelbinder und eine Plastiktüte erstickt. Die Täter befürchteten, nachträglich erkannt zu werden, weil bei der Entführung ein Betäubungsversuch fehlgeschlagen war. Das Gericht sprach deshalb von einer Verdeckungsabsicht. Markus S. gilt als die treibende Kraft des Duos und führte den Mord auch bemerkenswert kaltblütig aus. Während der seit Mai laufenden Hauptverhandlung schwieg er und trug nicht zu einer Aufklärung bei.
Die Planung und Durchführung der Entführung erfolgte allerdings völlig dilettantisch. Bei Norbert K. erkannte das Gericht Milderungsgründe. Mehrfach hätte er zwar Gelegenheit gehabt, die Bluttat zu verhindern. Da er jedoch juristisch noch nie auffällig wurde, Reue zeigte und zur Aufklärung der Tat beitrug, reduzierte das Gericht die mögliche lebenslange Freiheitsstrafe.
Die Vorsitzende warb bei der Urteilsbegründung für einen differenzierten Blick aller Beteiligten. Es sei zwar verständlich, wenn der Vater die Angeklagten als „Ausgeburten der Hölle“ bezeichnet hatte. Das Gericht habe aber eingehend zu prüfen und nicht den im Internet und in einigen Medien kursierenden Forderungen nach einem „für immer wegsperren“ zu folgen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl die Staatsanwaltschaft Dresden als auch die Verteidiger wollen den Spielraum von einer Woche nutzen, das Urteil gründlich zu prüfen.
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