Fair-Trade-Umsätze steigen: Erst die Moral, dann das Fressen
Die Branche boomt. Bei vielen Verbrauchern hat ein Umdenken eingesetzt. Auch Discounter bieten mittlerweile fair gehandelte Produkte an.
BERLIN taz | Wer fair gehandeltes Obst, Kaffee oder Schokolade kaufen will, muss heute nicht mehr in einen Weltladen gehen – der Gang zum nächsten Supermarkt oder Discounter genügt. Denn das Angebot von fair gehandelten Produkten in Deutschland wächst, weil die Nachfrage immer weiter zunimmt. Im letzten Jahr sogar um satte 36 Prozent. Das zeigt der Jahresbericht des Forums Fairer Handel, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach wurden 2012 faire Waren im Wert von 650 Million Euro in Deutschland gehandelt.
Das Segment ist rasant gewachsen: Noch 2004 machten faire Produkte nur 99 Millionen Umsatz. „Wachstumsmotoren waren Kaffee, Blumen und Südfrüchte“, sagte Antje Edler, Geschäftsführerin des Forums Fairer Handel. Faire Rosen etwa hätten inzwischen einen Marktanteil von 20 Prozent.
Die Gründe für diesen Aufschwung sieht Eder vor allem im größeren Wissen der Verbraucher über Produktionsbedingungen. Sie erinnert an die Bilder des eingestürzten Fabrikgebäudes in Bangladesch. Deshalb fordert das Forum Fairer Handel, dass Unternehmen dazu verpflichtet werden müssen, soziale Mindeststandards einzuhalten.
Tatsächlich zeigen die Erhebungen des Forums, dass Verbraucher zunehmend aus moralischen Gründen zu fair gehandelten Produkten greifen. Die Aspekte Geschmack und Qualität der Produkte haben im Vergleich zu 2010 an Bedeutung verloren. Heute spielt für die Käufer eine viel größere Rolle, ob die Waren in Verbindung zu Kinderarbeit stehen und ob die Produzenten faire Löhne erhalten.
Auf diese Entwicklung reagieren die Unternehmen: Allein im vergangenen Jahr sind 51 Unternehmen neu in den Handel mit Fairtrade-zertifizierten Produkten eingestiegen. Darunter sind große Ketten wie Edeka, Real, DM und Aldi Nord. Der Einzelhandel sei „durchdrungen“ von fair gehandelten Produkten, bestätigt Christiane Manthey von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Diese Entwicklung sei vergleichbar mit der zunehmenden Nachfrage nach Bioprodukten.
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