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Fahrzeug fährt Soldaten in Paris anVerdächtiger festgenommen

Mehrere Menschen wurden verletzt, als ein Fahrzeug in einem Pariser Vorort in eine Soldatengruppe fuhr. Die Pariser Anti-Terror-Abteilung ermittelt.

Polizeiabsperrung im Pariser Vorort Levallois-Perret, wo die Soldaten angefahren wurden Foto: reuters

Levallois-Perret afp | Sechs französische Soldaten sind bei einer Autoattacke auf eine Militärpatrouille nahe Paris verletzt worden. Ein Verdächtiger wurde Stunden später nach einer wilden Verfolgungsjagd in Nordfrankreich angeschossen und festgenommen, wie am Mittwoch aus Ermittlerkreisen verlautete. Polizisten stoppten seinen Wagen auf einer Autobahn Richtung Calais, der Fahrer wurde durch Polizeischüsse verletzt. Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen terroristisch motivierter Mordversuche auf.

Bei dem 1980 geborenen Festgenommenen handle es sich mutmaßlich um den Täter, hieß es aus Justizkreisen. „Er war im gesuchten Auto und hat versucht zu fliehen.“ Die Identität des Mannes müsse aber noch zweifelsfrei festgestellt werden. Auch müsse geprüft werden, ob tatsächlich er die Soldaten angefahren habe.

Die Polizei hatte den Wagen auf der Autobahn A16 zwischen den nordfranzösischen Städten Boulogne-sur-Mer und Calais aufgespürt. Bei der Flucht rammte der flüchtige Fahrer mindestens ein Auto, Spezialeinheiten der Polizei eröffneten daraufhin das Feuer.

Die Autoattacke auf die Soldaten hatte sich am Mittwochmorgen gegen acht Uhr im nordwestlich an Paris angrenzenden Levallois-Perret zugetragen. Das Auto rammte Soldaten, die im Zuge der Anti-Terror-Mission „Sentinelle“ (Wache oder Wachposten) patrouillierten.

Kein Unfall

Von den sechs verletzten Soldaten erlitten sechs „schwerere“ Verletzungen, schwebten aber nicht in Lebensgefahr, wie Verteidigungsministerin Florence Parly mitteilte.

Die Soldaten hatten gerade ein Gebäude verlassen, in dem die Stadtverwaltung von Levallois-Perret der Armee Räume überlassen hat. Innenminister Gérard Collomb sagte, ein Auto habe sich den Soldaten erst langsam genähert und dann beschleunigt, „um sie rammen zu können“. Der Minister sagte weiter: „Wir wissen, dass es Absicht war und kein Unfall.“

„Ich habe einen unglaublichen Lärm gehört“, sagte ein Anwohner der Nachrichtenagentur AFP. Von seinem Balkon aus habe er dann zwei Soldaten auf dem Boden liegen sehen. Schnell seien zahlreiche Einsatzfahrzeuge von Polizei und Rettungskräften eingetroffen. Der Tatort wurde weiträumig abgeriegelt.

Verteidigungsministerin Parly verurteilte die Autoattacke als „feige Tat“. Der Angriff werde nicht die „Entschlossenheit der Soldaten“ mindern, sich für die Sicherheit der Franzosen einzusetzen, erklärte die Ministerin und sprach den verletzten Soldaten ihren Beistand aus.

Soldaten als Ziel

Im Zuge des Inlandseinsatzes „Sentinelle“ patrouillieren in Frankreich 7000 Soldaten unter anderem vor Synagogen, Flughäfen, Bahnhöfen und Touristenattraktionen wie dem Pariser Eiffelturm, um Anschläge zu verhindern. „Sentinelle“ wurde nach den islamistischen Anschlägen auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt im Januar 2015 in Paris ins Leben gerufen.

Immer wieder sind die Soldaten aber selbst Ziel von Angriffen geworden. Zuletzt zückte am Samstagabend ein Angreifer am Eiffelturm ein Messer und schrie „Allah ist groß“. Der 19-Jährige ließ sich aber von patrouillierenden Soldaten widerstandslos festnehmen. Er wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

In Frankreich sind seit Anfang 2015 bei islamistischen Anschlägen 239 Menschen getötet worden. Seit den Pariser Anschlägen vom 13. November 2015 mit 130 Toten herrscht in dem Land der Ausnahmezustand. Er soll nach dem Willen von Staatschef Emmanuel Macron Anfang November auslaufen. Bis dahin sollen aber Gesetzesverschärfungen im Anti-Terror-Kampf beschlossen werden.

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5 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ist das Terror, wenn Soldaten angegriffen werden?

    Ich will das nicht verharmlosen, sondern nur fragen, was eine Terrororganisation von einer militärischen Organisation, etwa einer Partisanenarmee oder paramilitärischen Separatisten, unterscheidet.

    Die Frage der Legitimität von Gewalt ist eine andere als die Frage nach ihren Mitteln.

    Die Separatisten in der Ukraine sind wohl keine Terroristen, das hat mit der Legitimität ihres Krieges nichts zu tun.

    Die Legitimität dieses Angriffs in Paris ist nicht gegeben, aber wenn der Terrorbegriff unreflektiert angewendet wird, legitimiert er im Zweifelsfall den Krieg gegen die eigene Bevölkerung! Wären die Ost-Ukrainer einfach Terroristen, würde niemand verhandeln.

    Ab wann etwa wird Gewalt auf Seiten der Kurden legitim, solange sie sich nur gegen den türkischen Staat richtet? Welcher Grad an Repression muss erreicht sein, dass von einem Befreiungskampf gesprochen werden kann?

    Oder kann Erdogan einfach machen, was er will und jeder wehrhafte Widerstand dagegen ist automatisch Terror?

    Ich habe auch ein ungutes Gefühl dabei, es als Terror zu bezeichnen, wenn Anarchisten direkt die staatlichen Gewaltorgane angreifen. Ziel einer solchen Handlung ist es nicht, Angst und Schrecken in der Zivilbevölkerung hervorzurufen (das ginge weitaus effektiver mit weit weniger Risiko).

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Soldaten tragen Uniformen und unterstehen einem Staat. Nach Gewohnheitsrecht wurden früher alle feindlichen Soldaten die in zivil operieren standrechtlich erschossen. Das Daesh nicht als Armee klassifiziert werden, kommt ihnen also zu Gute. Sie werden als Terroristen letztlich als gewöhnliche Kriminelle behandelt.

      (Auf die Fälle die ich mich beziehe, während der Ardennenoffensive wurden SS-Soldaten in US-Uniformen und Zivil aufgegriffen und dann standrechtlich erschossen, in anderen Konflikten findet sich das gleiche)

    • @85198 (Profil gelöscht):

      1) Partisanen haben einen gewissen Rechtsstatus, es gelten aber auch Regeln für sie. Sie sind gemeinhin auf ein (eigenes) Territorium beschränkt und agieren nicht international. Im Gegensatz zu Soldaten, müssen sie sich bei Gefangennahme nach den jeweiligen Gesetzen verantworten (werden wi Kriminelle behandelt).

      2)Terroristen haben grundsätzlich keine Legitimation, weder ihre Ziele, noch ihr Vorgehen, noch ihre (eventuellen) Organisationen. Es gelten für sie keine Pflichten, sie sind per se verbrecherisch.

      3) Die Unterscheidung zwischen Partisanen und Terroristen liegt in der Intention und den Zielen (ferner in den Methoden). Terroristen töten wahllos und unterscheiden nicht zwischen militärisch/zivil. Ihre Intention ist die Verbreitung von Angst ("terror").

      4) Zu Paris: Der Anschlag kann nie "Partisan" sein, da in Frankreich keine fremde Macht illegal und repressiv das Land besezt hält, gegen welche ine Widerstandsrecht vorläge.

      Auch ist die Form "Auto-Menschenmenge" nicht legitim.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Und ich habe auch "ein ungutes Gefühl" wenn derartig wirres Zeug in der Kategorie "Definition von Terrorismus" verbreitet wird und dabei von scheinbar links eine Attacke vermutlich eher antisemitischen Ursprungs in ein milderes Licht gerückt werden soll!

      • @Wilfried Kramme:

        Wie kommen Sie auf Antisemitismus??