Fadwa Barghuti und der Kampf um ihren Mann: Niemals die Hoffnung aufgeben
Marwan Barghuti, einer der populärste palästinensische Politiker, sitzt trotz des Austausches weiter in israelischer Haft. Seine Frau Fadwa kämpft seit zehn Jahren für seine Freilassung.
Alle zwei Wochen darf Fadwa Barghuti ihren Mann Marwan sehen, für jeweils 45 Minuten. Sie sitzen sich dann gegenüber, getrennt durch eine Scheibe aus Sicherheitsglas und sprechen miteinander – per Telefon.
Marwan Barghuti ist einer der populärsten palästinensischen Politiker, er sitzt seit knapp zehn Jahren in Israel im Gefängnis, wegen Mordes an israelischen Zivilisten verurteilt zu fünfmal lebenslänglich und vierzig Jahren Haft. Insgesamt wohl 400 Jahre.
Im sonntaz-Gespräch erzählt Fadwa Barghuti, die als Rechtsanwältin in Ramallah für die Freilassung ihres Mannes kämpft, vom Leben an der Seite des Mannes, der für viele Palästinenser Heldenstatus hat. Ihm trauen sie vieles zu, wenn er denn frei käme.
Marwan Barghuti ist glaubwürdig, er gilt als Versöhner und entschiedener Anhänger einer Zweistaatenlösung, er könnte den Bruch zwischen der Fatah, für die er ins palästinensische Parlament gewählt wurde, und der islamistischen Hamas kitten, der israelische Friedensaktivist Uri Avnery hat ihn „Palästinas Mandela“ genannt.
Der Herbst brachte für Fadwa Barghutis Bemühungen, ihren Mann frei zu bekommen, einen Rückschlag: Bei dem zwischen Israel und Hamas ausgehandelten Gefangenenaustausch für den israelischen Soldaten Gilad Schalit wurde er nicht berücksichtigt.
Fadwa Barghuti begründet das damit, dass der Fall ihres Mannes politisch sei: „Solange sich keine politische Lösung abzeichnet, hat er keine Chance, entlassen zu werden.“ Er sei nun einmal kein einfacher Häftling, sondern werde vom palästinensischen Volk als Hoffnungsfigur wahrgenommen, der heute so populär sei wie nie zuvor.
Fadwa Barghuti lernte ihren Mann kennen, da war sie noch ein Kind. Beide stammen aus dem selben Dorf im Westjordanland, sie sind weitläufig miteinander verwandt. Als sie 14 war, kam er zum erste Mal in Haft. Für drei Jahre. Ein Jahr vor seiner Entlassung schrieb er ihr, sie solle sich nicht mit einem anderen Mann verloben. Auf die Hochzeit mussten sie dann beide noch über ein Jahr warten: "Weil er jedes Mal, wenn wir einen Termin dafür hatten, verhaftet oder zum Verhör abgeholt wurde".
Das ganze sonntaz-Gespräch mit der Rechtsanwältin Fadwa Barghuti lesen Sie in der aktuellen sonntaz. Am Kiosk, eKiosk oder per Wochenendabo direkt im Briefkasten.
Von ihrer Anwaltskanzlei in der palästinensischen Stadt Ramallah mit Blick auf den Amtssitz des palästinensischen Präsidenten und das Grabmal des legendären PLO-Chefs Jassir Arafat organisiert Fadwa Barghuti die Kampagne für die Freilassung ihres Mannes und aller palästinensischen Häftlinge.
Für sie ist die Freilassung ihres Mannes eine Bedingung für Frieden im Nahostkonflikt: "Es wird keinen Frieden geben, solange ein Teil der demokratisch gewählten Führung hinter Gittern sitzt." Ohnehin aber glaubt sie, dass mit der derzeitigen israelischen Regierung Frieden "hundertprozentig unmöglich" sei. Die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu sei "eine Regierung der Besatzung und des Siedlungsbaus, nicht des Friedens".
Im sonntaz-Gespräch beschreibt Fadwa Barghuti, warum sie dennoch die Hoffnung auf Frieden nicht aufgeben will, warum sie glaubt, dass ihr Mann eines Tages frei kommt und wie schwierig es vor allem für ihre Kinder sei, den Vater nicht sehen zu können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren