Facundo Cabral ermordet: Tod im Kugelhagel
Der Bob Dylan Lateinamerikas ist in Guatemala erschossen worden. Dahinter stecke Mexikos Drogenmafia, wird vermutet. Vm Attentat profitiert vor allem Guatemalas Rechte.
SAN SALVADOR taz | Er galt als wichtigster Protestsänger Süd- und Mittelamerikas. Seine Gitarre lieferte oft nur die Begleitung zu seinen Texten. Manchmal bestritt er die Hälfte eines Konzerts mit Geschichten. Am Samstag im Morgengrauen starb Facundo Cabral in Guatemala-Stadt im Kugelhagel.
Dort hatte Cabral, 74, zwei Konzerte gegeben. Um kurz nach 5 Uhr wollte ihn der nicaraguanische Unternehmer Henry Fariña, der die Tournee organisiert hatte, zum Flughafen fahren. Cabral war auf dem Weg nach Nicaragua. Im Wagen dahinter fuhren Leibwächter. Auf halbem Weg wurde Fariñas Fahrzeug aus einem anderen Auto heraus beschossen. 18 Kugeln schlugen ein, Cabral wurde achtmal in Kopf und Brust getroffen. Fariña fuhr bis zur nächsten Feuerwehrstation - aber dort war der Sänger schon tot. Die Leibwächter nahmen die Verfolgung der Killer auf, wurden aber selbst unter Feuer genommen. Später fand die Polizei eines der Autos - und schusssichere Westen und Munition für Kalaschnikow-Sturmgewehre, die typische Ausrüstung der Drogenmafias.
Noch im Laufe des Vormittags legten über 2.000 Trauernde Blumen am Tatort nieder. Guatemalas Präsident Álvaro Colom entschuldigte sich telefonisch bei seiner argentinischen Kollegin Cristina Fernández. Er meint, das Attentat habe dem schwer verletzten, aber überlebenden Fariña gegolten. Blogs, die sich mit den Drogenmafias beschäftigen, vermuten das mexikanische Zeta-Kartell als Täter. Die hätten einen spektakulären Schlag angekündigt, nachdem Colom die Armee gegen sie eingesetzt hatte.
Die Rechten Guatemalas profitieren
Jedenfalls wird der rechte Präsidentschaftskandidat Otto Pérez Molina von dem Attentat profitieren. Der wirbt mit einer Politik der harten Hand gegen das Verbrechen um Stimmen. Dem Exgeneral, dessen Einheit im Bürgerkrieg (1960 bis 1996) für Massaker an Zivilisten verantwortlich war, kommen spektakuläre Verbrechen im Vorfeld der Wahl vom 11. September gelegen.
Pérez Molina wäre der Letzte, dem Cabral mit seinem Tod hätte dienen wollen. Der Argentinier war in ärmsten Verhältnissen aufgewachsen, hatte erst mit 14 Jahren lesen gelernt und sich jahrelang als Unterhalter in Hotels durchgeschlagen. Der Durchbruch gelang ihm 1970 mit dem Lied "No soy de aquí, ni soy de allá" (Ich bin weder von hier noch von dort), das in über zwanzig Sprachen übersetzt wurde.
Während der Militärdiktatur in Argentinien (1976 bis 1983) war Cabral in Mexiko im Exil. 1996 wurde er Unesco-Friedensbotschafter. Sein letztes Lied beim letzten Konzert war "No soy de aquí, ni soy de allá".
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