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Facebookpost löst Hasswelle ausVolksverhetzung im Schrebergarten

Auf den Facebook-Post eines Chemnitzer Schrebergärtners folgten tausende Hasskommentare – und eine Anzeige gegen die Polizei.

Stress im Schrebergarten: #DankeMerkel (Symbolbild) Foto: Imago/Hans Blossey

Ein Facebookbeitrag über einen Vorfall in der Chemnitzer Schrebergartenkolonie „Gartenglück“ sorgt für Aufregung. Was mit einem Gerangel im Garten begann, zieht jetzt möglicherweise Ermittlungen gegen tausende Facebooknutzer nach sich.

Alles begann damit, dass ein Max L. auf Facebook berichtete, wie ihn ein Mann am vergangenen Sonntag in seinem Schrebergarten angriffen haben soll. Im Post macht L. Anspielungen, die darauf hinweisen, dass er über einen Asylbewerber sprechen könnte, so schreibt er etwa: „Manch böse Zunge würde wohl von einem Einzelfall sprechen.“

L. will den Mann dann überwältigt und die Polizei gerufen haben, die nach seiner Schilderung aber erst 45 Minuten später eintraf. Die Polizisten sollen ihm dann geraten haben, solche Angelegenheiten in Zukunft „auf eigene Art“ zu regeln, da der Angreifer keine polizeilichen Konsequenzen zu fürchten habe. Zum Abschluss bedankt er sich bei „Frau Merkel und der gesamten Regierung, welche an Unfähigkeit kaum zu übertreffen“ sei und rät den Lesern, auf sich aufzupassen.

Damit hätte die Geschichte zu Ende sein können. Stattdessen wurde der Facebook-Post in den folgenden Tagen rund 36.000 mal geteilt und zog 13.000 größtenteils rassistische und hasserfüllte Kommentare nach sich.

Konsequenzen für Kommentatoren

Die Würzburger Kanzlei „JunIT“, spezialisiert unter anderem auf Hatespeech im Netz, hat daraufhin Anzeige gegen die Beamten der Polizei Chemnitz erstattet. Die Aussage der Beamten, wenn sie denn tatsächlich gefallen sei, stelle einen Aufruf zur Selbstjustiz dar, hieß es von „Jun Rechtsanwälte“.

Die Polizei Sachsen reagierte am Mittwoch per Tweet und versprach, die Vorwürfe zu prüfen. Aber auch den Autoren der tausenden hasserfüllten Kommentare unter Max L.s Beitrag müssen mit Konsequenzen rechnen.

Ein Polizeisprecher sagte dem Webportal der sächsischen Morgenpost, tag24.de, die Kommentare reichten „von Volksverhetzung über Beleidigung bis Androhung von Straftaten“. Die betreffenden Urheber müssten nun mit Anzeigen rechnen.

Max L.'s Post ist inzwischen nicht mehr öffentlich einsehbar. Wahrscheinlich hat L., obwohl er Urheber des ganzen Trubels ist, nichts zu befürchten. Sein Text war vage genug formuliert.

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6 Kommentare

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  • Also, soweit ich das auf FB verfolgen kann, wurde der "Fremde" vor dem Schrebergarten des angeblich Angegriffenen zusammengefaltet, und zwar von mehreren Personen. (Gibt's auch ein Bild von) Anscheinend ist das Ganze doch die gute, alte Sachsen-Polizei- Geschichte, wo der Ausländer immer der Dumme ist. Kann mir gut vorstellen, dass die sächsichen Schrebergärtner einfach keinen Ausländer in ihre Anlage lassen wollen und sich schon allein von seinem Anblick provoziert gefühlt haben.

  • Ich bin mir sicher, die "Ermittlungen gegen tausende facebooknutzer" wird die Willkommenskultur in Deutschland weiter vertiefen und dem renitentn Dunkeldeutschland endl ch den Garaus machen.

  • Eigentlich hat Max L. (nach eigener Aussage) einen vor der Gartenkolonie "herumlungernden" Ausländer überfallen und seiner Freiheit beraubt.

    Das Problem ist tatsächlich, daß die Polizei 25 Minuten brauchte, um die Sache zu klären. Zu dieser Klärung hätte auch gehört darauf aufmerksam zu machen, daß man nicht einfach so mal Leute festsetzen sollte.

     

    Wem das ein Trost ist: Max L. (und insbesondere seine Frau) haben jetzt die nicht ganz unbegründete Angst, daß der Ausländer mit seinen Freunden wiederkommt und sich für diese Behandlung revanchieren wird.

     

    Vor dem Eintreffen der Flüchtlinge wäre dieser vermutlich ganz harmlose Mensch höchstwahrscheinlich nicht auf den Dreh gekommen Leute zu überfallen. Das ist in erster Linie mal ein Schlaglicht darauf wie sich in diesem Land die Atmosphäre geändert hat.

  • Eigentlich ein Fall für den Umgang mit echten oder vermeintlichen Fehlern der Polizei. Wenn die Polizisten das tatsächlich so gesagt hätten, dann wäre dies ein Skandal für den Rechtstaat - und da ist letztendlich natürlich auch die Bundeskanzlerin mit verantwortlich.

    Die Polizei wird vermutlich alles abstreiten und den Urheber wegen Verleumdung angehen. Die übliche Verteidigungsstrategie der Polizei wenn Missstände bei ihr angeprangert werden.

    • @Velofisch:

      oha, sie sind mit den ermittlungen schon weiter als die behörden?

      oder insiderwissen?

       

      dann aber bitte hurtig mit der polizei in verbindung setzen!

       

      (die alternative wäre bis zum abschluss der ermittlungen abwarten und füße still halten)

  • Meine Güte, merkt ihr denn garnichts? Wir sind schon wieder so weit, dass nur noch zwischen den Zeilen gelesen bzw geschrieben wird ("Sein Text war vage genug formuliert"). Das nächste was kommen wird, werden Merkel-Witze sein...