: F.W.-Messe
Die absolute „Gurke des Monats“war die Nachricht, die über die Faxgeräte von alle internazionaln Agenturn gerattert ist, daß nämlich dieser Herr aus China, dieser Deng Hsiao Ping, gestorben sein sollte. Da ist seinerzeit sogar der SPD-Schmidt a. D. auf reingefalln und hat inne ARD abgelassen, daß dieser Herr aus China der bedeutendste Staatsmann der Welt gewesen ist, von 1945 an gerechnet, wenn er von seine eigene Person mal absieht. Denn was der lütte Gelbe auffen Platz des Himmlischen Friedens mitte Studenten gemacht hat, das hat er mitte Behandlung vonne RAF schon vorweggenomm'. Diese ganze Nachrufe war'n natürlich sowas von inne Hose gegang', weil sich ja rausgestellt hat, daß der Herr Deng, nachdem er drei Tage lang vor den Wirtschaftsministerium aufgebahrt gewesen war, mitmal wieder hochkam und gesagt hat:
„O.k., Genossen, die Show ist gelaufen! Ich wollt euch nämlich bloß mal testen, ob ihr wirklich von Herzen trauert. Ab morgen wird jedenfalls wieder normal gearbeitet.“Wie gesagt, wo wir schon vonne Herrn Deng und Schmidt sprechen, da ist es denn ja auch nicht mehr weit zu de wirtschaftliche Them'. Und wollt ich eigentlich von den Ereignis berichten, wo alle Presseorgane voll von sind. Und mein ich de F.W.-Messe in Kiel mit. Denn wo jeder in' Fernsehn auf alle Kanäle über jammert, daß nämlich de deutsche Wirtschaft in' totaln Wachkoma liegt, also hirntot ist und man ihre Subventionshilfen getrost abschalten kann, weil nur noch Ausschlachten und Verschrotten was bringt, also, das ist genauso falsch wie de Nachricht über den Tod von Herr Deng. Und daß unse Industrie auch nicht flexibel ist, weil se immer bloß Autos ausstößt und sich nicht auf alternative Techniken umstelln kann, ist auch nicht an dem. Und sind wir auch schon wieder bei de F.W.-Messe in Kiel. Sagt nämlich mein Stammkunde, Jungunternehmer Aschler, er überlegt, ob er nicht auch in diesen Wirtschaftszweig investiern soll. Denn über 15 Firm' sind da schon an' Rödeln. Außerdem ist dieser Markt total zukunftsträchtig. „In über 50 Staaten“, sagt er, „werden nämlich schon de deutschen F.-Geräte eingesetzt, und der Bedarf wächst von Tag zu Tag. Da gibt es dreistellige Zuwächse!“„Ja“, nickt Zahnarzt Dr. Raffler, der immer an mein' Kiosk rumhängt, wenn seine MTAs seine Pazienten den Zahnstein vonne Klusen kloppen, „wir Zahnmediziner ziehen heutzutage auch nicht mehr die Zähne ohne Betäubung und mit Beißzange und Grabmeißel.“„Halt“, mischt sich nu Berber Harald ein, der grade wieder 'n Sixpäck geordert hat, „die allerneueste Seehofer-Reform zieht diese alten und bewährten medizinischen Hilfsmittel wieder in Betracht – besonders für AOK-Patienten.“„Nun gut“, meint Revierförster Noske, „für die Zahnmedizin mögen diese etwas gröberen Apparaturen geeignet sein, besonders wenn man die Behandlungsgeilheit der Patienten eindämmen will, aber gerade für das sensible Gebiet der Verhörtechnik sollten die modernsten Geräte gut genug sein.“„Effektiv sind sie ja, wie man von den Berichten aus der Türkei und aus dem Iran her weiß“, meint Berber Harald, „sie werden nämlich ganz schnell an Ohren, Augenlidern und Genitalien angeschlossen. Den Rest besorgt dann die Elektrizität.“„Auf diese Weise“, jubelt Revierförster Noske, „kann ein Verhörspezialist zehnmal mehr Klienten betreuen als mit den grobschlächtigeren Methoden vorher! Und was es für Innovationen gibt! Den neuen Elektroschockgürtel zum Beispiel ...“Achso, du hast das natürlich schon längst geschnallt: F.W. ist die Abkürzung für Folterwerkzeuge.
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