FREIES UFER: Der Weg ist das Ziel
Potsdam versucht, den Streit um den Griebnitzsee-Uferweg per Mediation zu lösen. Sonst droht Enteignung, warnen die Stadtoberen. Die Villenbesitzer lässt das kalt.
Im Streit um den öffentlichen Uferweg entlang des Griebnitzsees geht Potsdam auf die privaten Anrainer zu. In einem Mediationsverfahren mit den 19 Eigentümern, die bislang die Durchwegung ihrer Grundstücke verhindern, soll ab März versucht werden, die unterschiedlichen Interessen auszugleichen. Erst wenn dies erfolglos bleibt, will die Stadt den neuen Bebauungsplan (B-Plan) auch vor dem Oberlandesgericht (OVG) Berlin/Brandenburg durchfechten. Jann Jakobs (SPD), Potsdams Oberbürgermeister, ließ am Montagabend auf einer Veranstaltung der Bürgerinitiative „Griebnitzsee für alle“ keine Zweifel daran, dass er „alles daran setzen werde, den Uferweg vollständig und öffentlich begehbar zu machen“ – notfalls vor Gericht und sogar per Enteignung.
Gegen den aktuellen B-Plan der Stadt Potsdam, der einen rund drei Kilometer langen, zusammenhängenden und öffentlichen Uferweg entlang des früheren Mauerstreifens am Griebnitzsee vorsieht, haben die 19 Eigentümer vor dem OVG geklagt. Sie streben an, dass der B-Plan für unwirksam erklärt wird, damit ihre Grundstücke unterhalb der Karl-Marx-Straße und Stubenrauchstraße nicht vom Wasser abgeschnitten werden.
In einem ersten Verfahren vor dem OVG 2009 erhielten die Villenbesitzer recht, der Weg blieb blockiert. Das Gericht ließ aber die Revision zu, sollte Potsdam „wesentliche Interessen“ der Eigentümer – wie Lage und Gestaltung des Wegs auf ihrem Grundstück, Nutzungseinschränkungen, Zugänglichkeit der Liegeplätze oder Bootshäuser – in einem neuen B-Plan berücksichtigen.
Nach Ansicht von Andreas Götzmann, Leiter des Stadtplanungsamtes, „wurde dies im neuen B-Plan eingearbeitet“. Die Eigentümer seien an der Planung beteiligt worden. Neben den Hauseigentümern besitzt Potsdam 51 ehemalige Mauergrundstücke – große Flächen also – am Griebnitzsee, die bereits 2014 als Uferweg neu gestaltet werden.
Sven Klosa, Jurist in der Potsdamer Stadtverwaltung, machte am Montag deutlich, dass „der Weg das Ziel ist“. Als Mediator habe „ein erfahrener Jurist“, der ehemalige Richter Karsten-Michael Ortloff, gewonnen werden können. Die Mediation sei ein Instrument, dass Eigentümer und Stadt „miteinander sprechen, verhandeln und nach Lösungen des Konflikts suchen“, sagte Klosa, sonst drohe die mögliche Enteignung. Auf die Frage, wann mit einer Entscheidung des Verfahrens zu rechnen sei, räumte Klosa ein, dass die Mediation samt einer Einigung sich gar über Jahre hinziehen könne.
Während ein Anwohner auf der Veranstaltung die Mediation infrage stellte – „Was bringt denn das?“ –, warnte Jakobs die Eigentümer vor einem möglichen Scheitern. Der B-Plan sei „rechtskräftig“. Er als Bürgermeister halte auf jeden Fall an dem „grundsätzlichen und öffentlichen Charakter des Weges“ fest.
Wie hart Potsdam in der Sache sein kann, sieht man beim Uferstreit am Groß Glienicker See: Die Stadt und das Land Brandenburg wollten einen öffentlichen Uferweg, die Anrainer nicht. Trotz Protesten und Demonstrationen der Eigentümer wurde Ende 2011 die Enteignung beschlossen. Derzeit verhandeln die Besitzer mit dem Innenministerium über die Höhe der Enteignungssummen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen