FLUGHAFEN BERLIN BRANDENBURG: Nur nicht abheben
Kurz vor dem Beginn des Untersuchungsausschusses stellen die Piraten ihren Fahrplan vor.
Exemplarisch am Beispiel des neuen Hauptstadtflughafens die Fehler bei Großprojekten aufzeigen – nicht mehr und nicht weniger verspricht sich die Piraten-Fraktion im Abgeordnetenhaus von dem BER-Untersuchungsausschuss, der am kommenden Freitag zu seiner ersten Sitzung zusammenkommt.
„Uns geht es nicht darum, Einzelverantwortliche zu identifizieren“, sagt Oliver Höfinghoff. „Viel wichtiger ist es, die Fehler in den Prozessen zu finden, die überhaupt erst zu diesem Versagen geführt haben.“ Das einzige Berliner Großprojekt, bei dessen Erbauung es keine Probleme gegeben habe, sei die Mauer gewesen, meint Höfinghoff. Der 35-jährige gebürtige Ostberliner soll im Untersuchungsausschuss die inhaltliche Position der Piraten vertreten. Martin Delius, bis zum 20. Juni parlamentarischer Geschäftsführer der Piraten-Fraktion, wird den Ausschuss leiten.
Inhaltlich soll der Ausschuss vor allem die Standortwahl Schönefeld klären, ebenso wie das Scheitern der Verhandlungen mit Hochtief zum Bau des Passagierterminals. Auch die Kapazitätenfrage, die Rentabilität des Flughafens – die Piraten zweifeln diese stark an – sowie die Verantwortung des Senats sollen beleuchtet werden.
Beim Fahrplan zum Untersuchungsausschuss gehen die Vorstellungen noch etwas auseinander. Während Höfinghoff dem Ausschuss so viel Zeit wie nötig geben will, erhofft sich Delius, den Ausschuss noch vor Ende des Jahres 2013 abschließen zu können. „Man weiß aus der Erfahrung von Untersuchungsausschüssen, dass irgendwann mehr Zeit auch nichts mehr bringt“, so Delius.
Im Zweiwochentakt, jeweils an den Freitagen, soll das neunköpfige Gremium zusammenkommen; zudem sind Sondersitzungen möglich. Neben den Piraten werden dem Ausschuss drei Mitglieder der SPD angehören, jeweils zwei aus der CDU und der Grünen-Fraktion sowie Jutta Matuschek für die Partei Die Linke. Die beiden Regierungsparteien hatten in den letzten Wochen immer wieder die Einsetzung des Ausschusses verzögert, indem sie mehr Zeit für die Einarbeitung in die Akten erbaten.
Der künftige Ausschussvorsitzende Delius ist sich darüber im Klaren, dass die Parteienkonstellation und die unterschiedlichen Interessen und Verwicklungen in den Flughafenbau die Ausschussarbeit schwierig machen werden. „Auch bei den Piraten gibt es natürlich parteipolitische Interessen“, räumte Delius ein. Er hofft jedoch vor allem darauf, jüngere Ausschussmitglieder zu einer konstruktiven Mitarbeit bewegen zu können – „vor allem, indem ich sie einfach bei ihrer Ehre packen werde“.
Auch Höfinghoff sagt, man habe schon Beweisanträge vorbereitet und hoffe noch auf weitere Flughafendokumente von Dritten. Die Piraten erhoffen sich zudem, den Ausschuss durch kleinere organisatorische Maßnahmen, die in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden, voranbringen zu können.
Zu Beginn soll sich der Ausschuss auf das Thema Flughafenplanung konzentrieren. In den ersten Sitzungen wird es wohl noch keine Zeugenvernehmungen geben, glaubt Delius. Piratenintern gebe es bereits eine Liste, auf der „ein Dutzend bis 150 Namen stünden“, so Delius. Eine Homepage soll nach dem Willen der Piraten den Ausschuss begleiten. Dort sollten nicht nur Dokumente zu Informationszwecken für die Ausschussmitglieder bereitstehen, sondern sie solle der Öffentlichkeit auch die Chance geben, sich zu informieren sowie Kommentare abzugeben und neue Dokumente einzuschicken.
„Wir hoffen auf den ’Aktenzeichen XY‘-Effekt“, sagt Oliver Höfinghoff. Allerdings solle der Aspekt der Geheimhaltung bei bestimmten Dokumenten beachtet werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen