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FDP kritisiert Kubicki-Vorwürfe"Ich gehe nicht bei Sturm von Deck"

Die FDP-Politikerin Birgit Homburger weist die Kubicki-Vorwürfe scharf zurück. Er sei nur ein "Nörgler und Selbstdarsteller". Guido Westerwelle appellierte, mehr über Erfolge zu reden.

Guido Westerwelle räumte ein, dass 2010 die FDP ein hartes Jahr gewesen sei. Bild: reuters

BERLIN dapd | Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat die FDP-Spitze die Kritik des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki am Zustand der Liberalen zurückgewiesen. Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, rügte den schleswig-holsteinischen FDP-Fraktionschef am Montag öffentlich als "Nörgler und Selbstdarsteller". Parteichef Guido Westerwelle rief die Liberalen auf, mehr über ihre Erfolge zu reden und sich nicht nur mit sich selbst zu befassen.

Kubicki hatte im Spiegel den Zustand der FDP als desolat bezeichnet und mit der "Spätphase der DDR" verglichen. Die DDR sei "irgendwann implodiert", sagte er. "Die Führung konnte das bis zum Schluss nicht begreifen. Es kann passieren, dass auch die FDP in sich selbst zusammenfällt." Der Parteispitze warf er vor, den Zustand der Partei kaum wahrzunehmen. "Sie sind abgehoben von dem, was in der FDP passiert."

Homburger verwies darauf, dass Kubicki als Mitglied des FDP-Vorstandes dort "selten gesichtet" worden und zudem kaum als Problemlöser aufgefallen sei. Die Liberalen brauchten "nicht nur Nörgler und Selbstdarsteller", sondern auch solide und seriöse Arbeiter. Die FDP habe "wieder Tritt gefasst" und dürfe sich ihre Erfolge "nicht zerreden" lassen, sagte sie.

Westerwelle räumte zwar ein, dass 2010 ein hartes Jahr für die FDP und für ihn selbst gewesen sei. Er hob aber zugleich hervor, dass die Liberalen Entscheidungen durchgesetzt hätten, "die Arbeitsplätze geschaffen haben". Zum Wahljahr 2011 äußerte der Vizekanzler sich zuversichtlich. "Das nächste Jahr wird besser", zeigte er sich überzeugt und fügte hinzu: "Ich bin keiner, der bei Sturm von Deck geht." Im kommenden Jahr stehen sieben Landtagswahlen an, unter anderem in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.

Kubicki hatte mit Blick auf die Wahlen gesagt: "Bei wirklich dramatischen Niederlagen der FDP im nächsten Jahr würde Guido Westerwelle selbst die Frage des Verbleibens im Amte beantworten." Seiner Ansicht nach würde er auf dem Bundesparteitag im Mai nicht erneut für den Parteivorsitz kandidieren. Die Liberalen verharren bereits seit Monaten im Umfragetief mit Werten um die fünf Prozent.

Die Protestgruppierung innerhalb der FDP, "Liberaler Aufbruch", verlangte von Westerwelle, zu skizzieren, wie er die Partei wieder auf den Erfolgspfad zurückführen wolle. Sprecher Frank Schäffler sagte: "Die FDP muss ihre Positionen in der Koalition konsequenter vertreten und den Rücken gerade machen." Insbesondere bei den beiden Markenkernen der FDP, der marktwirtschaftlichen Ausrichtung in der Steuer- und Finanzpolitik und dem kompromisslosen Eintreten für eine umfassende Rechtsstaatspolitik, aktuell in der Euro-Frage, dürfe es kein Wackeln geben.

"Die Partei- und Fraktionsführung muss spätestens bis Dreikönig ein Konzept vorlegen, wie dies umgesetzt werden kann, damit die FDP wieder Vertrauen zurückgewinnt." Dabei dürfe es keine Tabus geben, "dafür ist die Lage zu ernst".

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10 Kommentare

 / 
  • IN
    Ihre Name? Achmed

    Freidemokrat schrub:

     

    "... Als FDP Mitglied kann ich hier freien Herzens behaupten, die Sicht die Kubicki auf die FDP hat wird innerhalb der FDP keine Unterstützer finden.

    ..."

     

    Vielleicht ist das ja der Grund für die flächendeckenden vier Prozent?

  • Z
    Zyklon

    Ähnlich wie Kubicki seine Vergleiche mit der DDR-Führung darstellt, kann ich diese Sichtweise nachvollziehen.

    War nicht damals wie heute das Volk in Form von Bürgerbewegungen auf der Suche nach neuer Politikgestaltung?

    Damals wie heute sollte man den süchtigen und unfähigen Machtpolitikern eine Entziehungskur durch das Volk verordnen.

    Oder sind die heutigen Politiker nur Opfer einers natürlichen Zyklus, der ca. jeweils 20 Jahre turnusmässig erscheint?

  • A
    audio001

    Sicherlich ist das was einem derzeit in der FDP begegnet schon extrem!

     

    Und als "extrem" läßt sich – aus meiner persönlichen Sicht –bezeichnen, dass Teile der Führungsriege offenbar den Kontakt zur Realität der Partei völlig zu verlieren drohen.- Offensichtlich sich auch überhaupt nicht mehr darüber im Klaren zu sein scheinen, dass sie nur Teil einer Partei sind und damit auch gefordert sind uneingeschränkt im Parteiinteresse zu handeln!?

     

    Man hat den Eindruck, dass die Führungsriege in der FDP ein Selbstverständnis für sich entwickelt hat, das sie über die Partei stellt und diese Partei nunmehr nur noch „Staffage“ für das Ausleben des Machtanspruchs einzelner Parteimitglieder in der Regierung Merkel ist!?- Das Kritische daran scheint zu sein, dass in der Führungsriege Personen mit einem Selbstbild herumlaufen ("Ich gehe nicht bei Sturm von Deck") , dass scheinbar Kritik nicht mehr verträgt und an sich abperlen läßt!

     

     

    Und Eingedenk der der Kubicki-Kritik - die sicherlich in der Wortwahl nicht immer geschickt war - wird deutlich, dass man offenbar schon den Status erreicht hat indem man Kritik reflexartig kollektiv abweist!

     

     

    Nun könnte man im Hinblick auf die Situation in der FDP geneigt sein zu sagen: „So what“!

     

    Das Schlimme ist nur, dass diese Damen und Herren - die den Anschein erwecken nicht mehr ausreichend kritikfähig zu sein - Teil der Bundesregierung sind und die Geschicke dieses Staates mitbestimmen sollen!

     

    Und da muss man sich dann als Bürger schon die Frage stellen, ob eine Partei die derart desolat in ihrer Führungsmannschaft aufgestellt ist, noch überhaupt regierungsfähig ist? Und objektiv gesehen, gibt es dazu nur eine Antwort....

  • M
    Mac-Lennox

    Und immer wird das Argument angebracht, wonach eine bestimmte Politik zu Arbeitsplätzen geführt haben soll. Die Gretchenfrage lautet: Schafft die Politik oder die Wirtschaft Arbeitsplätze? Unter G. Schröder bekam man wieder und wieder zur Antwort - so das man es schon singen konnte - nicht die Politik, sondern die Wirtschaft schaffe Arbeitsplätze und die Politik setze dafür die Rahmenbedingungen.

     

    Jene Rahmenbedingungen wurden aber größtenteils unter der so genannten Großen Koalition verabschiedet. Ansonsten sprang besonders das Zugpferd China für eine einigermaßen gute weltwirtschaftliche Konjunktur in diesem Jahr ein. Woran dies das Verdienst der FDP sein soll, vermag ich nicht zu erkennen.

     

    Bleiben noch Arbeitsplätze, die allzu häufig als unproduktiv bezeichnet werden, da sie vermeintlich keine "Werte" schaffen würden. Ich meine jene Arbeitsplätze, die man im sozialen Bereich finden kann. Hier ist mir keine Initiative der FDP bekannt, die in diesem weiten Feld wirksam geworden wäre.

     

    Dennoch kann ich das Argument von Herrn Westerwelle nachvollziehen, da man seine Behauptung kaum überprüfen kann, wodurch an eine merkwürdige Art des Glaubens appelliert wird.

     

    PS: Ich bin kein gläubiger Mensch.

  • N
    Nordwind

    "Ich gehe nicht bei Sturm von Deck"

     

    Standhafter Leichtmatrose.

  • C
    Celsus

    Bei Sturm von Deck gehen? Es ist der Sturm der Entrüstung über die FDP. Was hat uns die FDP gebracht außer sichtbarer Klientelpolitik ohne irgendein ernsthaftes zukunftsweisendes Anliegen der Partei?

     

    Und bei den engsten Mitarbeitern der FDP-Spitze macht sich derweil altrömische Dekadenz breit. Mit erstaunen kann da nur betrachtet werden, dass da ein Büroleiter erst einmal gehalten werden sollte, der doch offensichtlich alles andere als ein Kaffeekränzchen mit dem amerikanischen Botschafter hatte. Ein wenig Verstand darf durchaus auch noch Spitzenleuten der FDP zugetraut werden. Der Herr Metzner wusste, was er tat. Genau wie Westerwelle aus noch nicht veröffentlichten Gründen wusste, warum er den erst nach Druck aus seiner Partei rauswarf.

     

    Wo bleiben die staatsanwaltlichen Ermittlungen und wen werden die dann außer den Herrn Metzner betreffen? Ein Untersuchungsausschuss zum Thema wäre zudem erforderlich. Wo bleibt der?

  • T
    tazitus

    GW.: "..mehr über ihre Erfolge zu reden..."

    Schön, dann ist endlich Ruhe.

  • JK
    Juergen K

    es ist bekannt, dass es nur

    zum Absaufen in ruhiger See reicht.

  • L
    Likewise

    Westerwelle hat doch schon alles gesagt. -- Klar hat dieser Vielsprecher schon alles gesagt, auch das Gegenteil davon.

    Aber vor allem hat er gesagt, daß es der FDP zwar schlecht gehe, aber Deutschland gehe es dafür gur. Genau so wird ein Schuh draus: Je schlechter es der FDP geht, desto besser für Deutschland!

  • F
    Freidemokrat

    Ah Kubicki zog es mal wieder in die Medien...ernstzunehmen braucht man ihn deshalb wirklich nicht. Vielmehr sollte er sich fragen, bei all der fehlenden Unterstützung aus der FDP für ihn, ob er denn noch in der richtigen Partei sei!! Und dies ist nicht erst seit wenigen Tagen sondern schon seit vielen Jahren der Fall. Fakt ist, die zuletzt in Schleswig Holstein eingefahrenen 10 Prozent sind kaum seinen windigen Immobiliengeschäften, seiner Arbeit als Fraktionsvorsitzendem oder seinem Grundlosgemecker zu verdanken sondern der guten Arbeit der FDP in anderen Ländern und im Bund. Ansonsten möge er bitte seiner eigenen Aufforderung Folge leisten und seinen Landesverband in andere, bessere Wahlergebnisse führen. Spätestens 2012 kann er das beweisen. Seine Pauschalkritik am Bundesvorstand ist demnach ebenfalls als Selbstkritik zu verstehen, da die FDP Schleswig Holstein natürlich auch über kooptierte Mitglieder im Bundesvorstand vertreten ist. Als FDP Mitglied kann ich hier freien Herzens behaupten, die Sicht die Kubicki auf die FDP hat wird innerhalb der FDP keine Unterstützer finden. Als Mitglied der FDP Schleswig Holstein kann ich auch schon mal ankündigen, dass eher Kubicki in der Versenkung verschwindet, als ein Westerwelle.