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Kommentar KubickiDas Datenleck der Liberalen

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Kubicki ist der einzige, der offen sagt: Der Kaiser ist nackt. Nämlich Kaiser Guido Westerwelle. Die FDP setzt auf "Augen zu und durch" – doch das wird nicht klappen.

D er als "Maulwurf" titulierte Exbüroleiter Helmut Metzner hat die Probleme der FDP, die er gegenüber dem US-Botschafter so fröhlich ausplauderte, nicht verursacht. So ähnlich verhält es sich mit Wolfgang Kubicki, dem starken Mann der schleswig-holsteinischen FDP. Wie Metzner sagt er lediglich, was interessierte Zeitungsleser bereits wissen können: Die FDP ist rat- und orientierungslos, Parteichef Westerwelle überfordert und seine teilweise Entmachtung nur noch eine Frage der Zeit.

Doch wie bei Westerwelles Exbüroleiter, den die US-Botschaft als Informanten nutzte, erhalten Kubickis Worte ihre Sprengkraft nicht aufgrund ihres Inhalts, sondern dadurch, in welchem Zusammenhang sie gefallen sind.

Kubicki ist - neben dem hessischen FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn - der einzige Freidemokrat, der das Naheliegende offen ausspricht: Kaiser Guido ist nackt. Verwunderlich ist weniger, dass der fröhliche Egozentriker aus Kiel diese Wahrheit ausspricht, sondern dass außer ihm kein sogenannter Liberaler nach einem Jahr Dauerkrise den Mumm zu ähnlich offenen Worten aufbringt.

Bild: privat

MATTHIAS LOHRE ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz, dort unter anderem zuständig für die FDP.

Die ängstliche FDP hofft, die Wahlen des kommenden Jahres mit zusammengebissenen Zähnen zu überstehen. Das wird nicht funktionieren. Schon das vergangene Jahr hat die katastrophalen Folgen dieser Durchhaltetaktik gezeigt. Stets hat die Partei ihre Versprechen erst aufgegeben, als das Beharren darauf ihr den Ruf der Realitätsverweigerung einbrachte.

Deshalb geht die FDP ins Regierungs- und Wahljahr 2011 mit einem irrlichternden Vorsitzenden, ohne Ziele und Debatte über Alternativen. Dabei wird es bleiben, solange Guido Westerwelle an der Spitze von FDP und Außenamt steht. Also mindestens bis zum Bundesparteitag im Mai.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.
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5 Kommentare

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  • L
    Lama

    Die FDP irrt umher und stürzt in der Wählergunst ab, da sie eben ihre freiheitliche Ausrichtung nur noch auf Großspender und dergleichen bezieht. Die Bürgerrechte und Freiheit der Bevölkerung vernachlässigt sie nicht nur, nein sie tritt sie sogar des öfteren regelrecht mit den Füßen.

     

    Und da ich kein Hotel mein eigen nenne und auch kein Anlageberater bin, bin ich auch sehr froh darüber, dass die FDP der neuen Freiheitspartei, den PIRATEN Platz im Parlament macht.

     

    Insofern: Klarmachen zum Ändern

  • B
    BiBo

    Man darf bei diesen Aussagen nie vergessen, dass Kubicki einer der groessten Opportunisten, aber mit einer scharfen Rhetorik ist. Der Hesse Hahn, der lange Zeit der beste Buddy von Koch war, ist aus anderen Gruenden genauso opportunisitisch. Der hessische Landesverband ist extrem konservativ, fuer Liberale, und gleitet extrem auf der Schiene des vermeintlich buergerlichen Lagers, was aber mehr eine Konservierungsmethode des Status Quos ist. Dort ist Kubicki schon realistischer, allerdings, programatische Ideen kommen von ihm nicht. Mit anderen Worten, Rasseln, dass die Tassen fliegen, aber nicht wissen, wie man diese herstellt.

     

    Von daher schwingt bei Kritik von diesen beiden immer ein wenig die eigene Zukunft mit - auch wenn Kubicki recht aktiv als Anwalt arbeitet.

     

    Warum ich das so schreibe? Ich bin ein Basis Mitglied dieser Partei, welches sich seit Jahren fuer Rot-Gelb und ein wirkliches liberales Profil ausspricht, welches auch die sozialen Aufgaben mit einschliesst. Dieses ist aber leider untergegangen, vor allem in dem orgiastischen Hype nach der letzten Wahl. In diesem Sinne erwachen die Liberalen gerade mit einem Monsterkater und nun wird derjenige gesucht, der die Drinks gemischt hat.

  • M
    mar

    Warum sagen Sie der FDP die Wahrheit?! Wollen Sie, dass die ihre Taktik verbessern? Sie Verräter! Gezielte Desinformation, das ist es, was die FDP braucht! -- Liebe FDP, lasst euch von dem blöden Matthias Lohre nicht beirren. Der lügt, weil er euch schaden will. Ihr macht das schon ganz prima so. Guido ist der Richtige. Gegen Kubicki hilft nur ein Parteiausschlussverfahren. Die Umfragen stimmen nicht, eure Fans stehen treu zu euch. Demoskopen sind auch alle böse, wie die von der Taz. Glaubt denen nicht. Ich wähl euch auch wieder. Ganz bestimmt. Wie bei jeder Wahl! Eure Marli.

  • N
    Naskolnikov

    So ist es. Es handelt sich nur um ein Pseudo-Datenleck. Jedem, der lesen kann oder ein TV-Gerät nutzt, dürfte klar sein, dass es beim Vorsitzenden der 4%-Partei allenfalls zum stellvertretenden Klassensprecher langt.

  • S
    Stimmvieh

    Wenn man Ihren Kommentar liest, könnte man fast meinen, sie fänden die Aussicht schlimm, dass die FDP aus dem einen oder anderen Landesparlament verschwindet.

    Dabei bettelt die FDP doch förmlich darum, nicht mehr gewählt zu werden (okay, das tut sie schon länger, aber es ist doch beruhigend, wenn das auch mal jemand merkt): Westerwelle ist als Vorsitzender und Vizekanzler eine Zumutung für seine Partei und für das ganze Land; und wer stünde bereit, ihn gegebenenfalls abzulösen? Leute wie Rösler oder Lindner, die aus dem gleichen Holz geschnitzt sind.

     

    Frau Leutheuser-Dingsbums ist ja ganz sympathisch, aber nicht repräsentativ für ihre Partei - für die meisten FDP-Mitglieder und -WählerInnen ist "Freiheit" eben die Freiheit von Menschen, die ohnehin schon mehr Geld haben, als für den Charakter gut sein kann, alles zu tun, um noch mehr Geld zu bekommen. Umverteilung und Klassenkampf sind das Programm der FDP, nur eben in der falschen Richtung.