: FAZ-Mag: Lau Tse-Tung
(66) Stramm rückte der 70. Geburtstag von Hans Magnus Enzensberger heran. Sein autorisierter Biograph Jörg Lau schnalzte mit den Hosenträgern seiner Jeanslatzhose, über deren Kauf er ausführlich in der Zeit berichtet hatte. Schnalz, schnalz, schnalz – es klang wie Ka-ra-sek. Lau bereitete sich darauf vor, recht bald einer der führenden Mitschnacker des deutschen Feuilletons zu werden. Das würde schon werden. Hauptsache, Enzensberger spielte mit, dieser gute alte fliegende Robert: „Eskapismus, ruft ihr mir zu,/ vorwurfsvoll./ Was denn sonst, antworte ich,/ bei diesem Sauwetter! – ,/ spanne den Regenschirm auf/ und erhebe mich in die Lüfte./ Von euch aus gesehen,/ werde ich immer kleiner und kleiner,/ bis ich verschwunden bin.“ Schon vor Wochen hatte Lau dem Großdichter in der Zeit einen offenen Bettelbrief geschrieben: Möge er, der Herr Enzensberger, sich doch auch einmal feiern lassen. Von seinem Biographen und zu ihrer beider Wohl. Dichter und Legendenschmied Hand in Hand. Das wäre doch schön: endlich einmal ganz unironisch sein, mit Kloß im Hals und feuchten Augen, die ganz großen Pennälergefühle eben. Eine Enzensbergerei de luxe. Vor lauter Aufregung trank der Feuilletonist schon mal ein Schlückchen. Oh, die falsche Flasche: Laudanum. Egal – dann würde er eben eine Zeit-Kolumne aufsetzen.
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