Extrastrafe für Fußballer Jarolim: Der Griff ans Gemächt
Er hat die Schwalbe zu einer Kunstform erhoben - jetzt griff der HSVler einem Gegenspieler auch noch unter die Gürtellinie. Und darf mit einer Rot-Sperre rechnen.
David Jarolim wird einen Ehrenplatz in der Riege der Hosenkneifer bekommen - gleich neben dem Ex-Bremer Johan Micoud, der einst Christian Poulsen unter der Gürtellinie indiskret bearbeitete. Im Spiel des Hamburger SV gegen Arminia Bielefeld (1:1) griff nun also der Tscheche seinem Gegenspieler Markus Schuler ans Gemächt und wurde in der 66. Minute des Feldes verwiesen. Zuvor war der Übeltäter freilich bedrängt und beschimpft worden, weil er wieder einmal eine Schwalbe hingelegt hatte. Das ist Jarolims Lieblingsbeschäftigung in Strafraumnähe.
Denn Jarolim, Jahrgang 1979, hat die Schwalbe (lat.: Hirundinidae, Ordnung der Sperlingsvögel) zu einer Kunstform erhoben. Er hakelt so gekonnt ein, dass nicht er, der Foul-Schinder, die Gelbe Karte bekommt, sondern sein verdutzter Spielkamerad. Jarolim fädelt noch ins kleinste Nadelöhr ein, schwälbelt hindurch, sein Handwerk der Täuschung beherrscht er meisterlich. Regelmäßig kommt er deswegen in die Top Ten der bösen Buben der Bundesliga, unlängst erst wieder in ein Ranking der Bild-Zeitung, wo er mit van Bommel, Diego und Maik Franz eine fiese Gang bilden durfte.
Jarolim hat diesmal aber nicht nur seine Gegenspieler erzürnt, sondern auch die HSV-Gewaltigen: "So etwas tut man nicht. Ich bin nicht angefressen, sondern enttäuscht", zischte Stevens und verurteilte den heiklen Griff des Tschechen ausdrücklich, zumal Jarolim für die Intimlichkeit mit einer langen Rot-Sperre rechnen muss.
Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer kündigte sogar eine Extrastrafe für Jarolim an. "Wir sind in einer Phase der Saison, wo der Druck wächst, aber damit müssen wir umgehen", sagte Beiersdorfer und bezog sich damit auch auf die Undiszipliniertheiten von zwei weiteren HSV-Profis in der Vorwoche. In Wolfsburg waren Joris Mathijsen und Vincent Kompany vom Platz geflogen. All das brachte Cheftrainer Stevens so sehr auf die Palme, dass er sogar seinen Pressesprecher zur Seite schubste, um keine weiteren Fernsehinterviews mehr geben zu müssen. Auch Keeper Frank Rost schimpfte über den Schwalben-Mann: "Das sollte erfahrenen Leuten nicht passieren." In seine Kritik schloss er den Rest der Mannschaft gleich noch mit ein, ihnen habe "die Körperspannung" gefehlt: "Das ist nicht der HSV", so sein ernüchterndes Fazit.
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