Export von Spionagesoftware: Wikileaks überwacht Überwacher
Oman, Turkmenistan und Aserbaidschan sind beliebte Reiseziele bei Vertretern von Spähsoftware. Wikileaks hat jetzt ihr Werbematerial veröffentlicht.
BERLIN taz | Wikileaks befeuert mit neuen Dokumenten die Debatte um den Export von Überwachungssystemen durch westliche Firmen. „Spy Files #3“ sind 249 Dokumente von weltweit 92 Geheimdienst-Auftragsfirmen: Videos, Präsentationen und Broschüren für Überwachungstechnik. Mit dem Werbematerial sollen Vertreter der Industrie in Länder wie Kasachstan und Äquatorialguinea gereist sein.
Die Datenbank gibt es seit dem 1. Dezember 2011, jetzt wurde die Menge an Dokumenten verdoppelt um zu zeigen: Wer macht es und vor allem, an wen wird's verkauft? In dem Wiki sind auch Protokolle hochgeladen, die zeigen, welcher Firmenvertreter wann wo war.
Verkäufer sollen in Aserbaidschan, Turkmenistan, Kasachstan, Äquatorialguinea oder Dubai kräftig bei Diktatoren geworben haben. Broschüren zeigen die neusten Technologien und Dienstleistungen zur Massenüberwachung und was die neue Internet-Technologie alles kann: verschlüsselten Internetverkehr wie BitTorrent oder VPN erkennen und entschlüsseln; Telefonanrufe, Textnachrichten oder Skype-Gespräche abfangen. Die Informationen über die Nutzer werden in Form von IP-Adressen und Namen gleich mitgeliefert.
Die Dokumente sind wichtig für eine //www.gov.uk/government/publications/uk-ncp-initial-assessment-complaint-from-privacy-international-and-others-against-gamma-international-uk-ltd:Klage von Menschenrechtsorganisationen gegen die Export-Firmen. Die Organisationen hatten sich bei der bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Verletzung der Handelsrichtlinien beschwert. Darin werden Firmen zu einem ethisch verantwortungsvollen Handeln ermahnt.
Die bisher angenommene Klage läuft gegen die britisch-deutsche Gamma Group. Deren Technologie könnte das Abfangen von Telefon- und Internetverbindungen in Bahrain möglich gemacht haben. Der arabische Golfstaat soll ab 2011 die Informationen genutzt haben, um Rebellen festzunehmen.
Staatstrojaner für Turkmenistan
Wikileaks hat nun eine Präsentation hochgeladen, in der Gamma in Turkmenistan den Trojaner „Finfisher“ anpreist. Der NDR berichtete außerdem von einem Dokument, das eine Absprache der Verkaufsgebiete zwischen Gamma und der schweizer Firma Dreamlab belegt. Demnach sollen beide gemeinsam Überwachungssysteme nach Oman und Turkmenistan geliefert haben – Gamma behält sich nach NDR-Informationen Afrika, den Nahen, Mittleren und den Fernen Osten vor.
Andere Deutsche Unternehmen, die munter in Diktaturen exportieren, sind laut Wikileaks: Atis Uher, Elaman, Trovicor und Ultimatico (Video).
Die Süddeutsche Zeitung hatte die Daten übrigens schon vor der Veröffentlichung und hat eine Datengrafik (Quelle: SZ-Grafik: Hassân Al Mohtasib) zu den Reisen der Vertreter erstellt.
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